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Die Wahl ist eine Qual und doch nur ein Wort
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Eigentlich mache ich das nicht besonders gern, aber heute komme ich nicht daran vorbei, meinen Blogeintrag mit einer Definition zu beginnen: Wortklauberei ist die Bezeichnung "für ein Verhalten von Menschen, das ausschließlich die wörtliche Auslegung von gesprochenen oder geschriebenen Begriffen, Texten oder Wörtern erlaubt" (Quelle: Wikipedia). Einen solchen Fall von Wortklauberei hat es heute bei meinen Gesprächen am Telefon gegeben. Der Anrufer leitete seine Kritik an einer Überschrift in der Zeitung mit einer Frage ein:
"Ist eine Wahl, bei der es nur einen Kandidaten gibt, dem der Wähler seine Stimme geben kann, noch eine Wahl?" formulierte der Mann und zitierte die von ihm kritisierte Überschrift aus der "Freien Presse" mit "Zur Wahl tritt nur ein Kandidat an". Sein Urteil stand fest, dass dies ein Widerspruch in sich sei: "Dieses Wort ist falsch und irreführend, es gehört in diesem Zusammenhang dort nicht hin." Nun hatte ich zwei Möglichkeiten, wohl wissend, dass ich diese Diskussion schon mehr als einmal geführt hatte: Entweder bedanke ich mich für den Anruf und verabschiede mich mit dem Hinweis, dass ich die Kollegen in der Redaktion darüber informieren werde, oder ich stelle sein Urteil in Frage und mache aus meiner Überzeugung gleichfalls kein Geheimnis. Was soll ich sagen, ich wählte die zweite Alternative:
"Es geht doch um den gesetzlich geregelten und so festgelegten Vorgang, dass ein neues Stadtoberhaupt gefunden werden muss und dass die Bürger mit der Abgabe ihrer Stimme diesem einen Vorschlag zustimmen können. Das nennt man Wahl", argumentierte ich. Der Anrufer war darauf vorbereitet: "Dann hätte dort stehen müssen, dass zur Abstimmung nur ein Kandidat antrete", erwiderte er und fügte hinzu: "Bei einem Kandidaten kann ich nicht wählen, das werden Sie doch nicht abstreiten wollen." Ich versuchte es auf diese Weise: "Ich kann mich aber zwischen den beiden Möglichkeiten entscheiden, zur Wahl zu gehen und meine Stimme abzugeben oder zu Hause zu bleiben und auf mein Wahlrecht zu verzichten. Damit drücke ich doch aus, dass ich diesen einen Kandidaten nicht wählen möchte." Damit war der Leser in der Leitung gar nicht einverstanden: "Das würde doch bedeuten, dass der Bürger, der nicht zur Abstimmung gehen kann, weil er gerade im Urlaub ist, und der vergessen hat, die Briefwahlunterlagen anzufordern, auch an der Wahl teilnimmt und auf diese Weise indirekt zum Ausdruck bringt, dass er mit dem einen Kandidaten nicht einverstanden ist. Das ist doch Unfug, das würde doch ein völlig falsches Bild auf das Abstimmungsergebnis werfen." Das Argument kannte ich ebenfalls, wobei mir auch gleich klar war, dass ich diesem Hinweis nicht wirklich etwas entgegensetzen kann, also versuchte ich es anders: "Aber, soviel ich weiß, darf man in einem freien Feld auf dem Wahlzettel ...", sagte ich, der Mann unterbrach mich sofort: "Mit einem Namen ist es kein Wahlzettel, höchstens ein Abstimmungszettel." Davon unbeirrt fuhr ich fort: "...den Namen eines wählbaren Bürgers der Stadt oder der Gemeinde schreiben und mit dieser Wahl einer anderen Person zum Ausdruck bringen, dass ich lieber diesen Bürger als Rathauschef sehen würde als den Kandidaten auf dem Wahlzettel." Der Leser lies auch das nicht gelten: "Aber Sie können diesen Bürger doch gar nicht wählen, weil er vorher nicht zur Wahl stand. Sie können ihm Ihre Stimme geben, das stimmt, womit wir wieder bei der Konsequenz sind, dass es eine Abstimmung und keine Wahl ist." Langsam verlor ich doch etwas die Geduld und war nahe dran, den Satz mit dem Anfang "Vielen Dank und ..." fallen zu lassen, aber einen Versuch wollte ich noch wagen: "Dass die Wahl, die als Wahl zur Bestellung einer repräsentativen Person oder mehrerer Personen als entscheidungs- oder herrschaftsausübendes Organ (ich hatte längst die Seite des Internetlexikons aufgerufen, die ich hier zitierte) auch in Gesetzestexten so bezeichnet wird, als solche auch dann die Wahl und damit die Legitimation für die gewählten Person ist, wenn es nur einen einzigen Kandidaten gibt, die schließlich auch gewählt werden muss, werden Sie doch nicht abstreiten wollen", sagte ich in der Hoffnung, dass der Anrufer dadurch vielleicht, weil der Satz schon kompliziert genug war, ins Grübeln kommt, doch damit lag ich falsch, denn der Mann in der Leitung sagte: "Genau das will ich." Ich gab auf, der nächste Satz fing an mit "Vielen Dank und ...".
Gramgebeugt, weil das Ende der Unterhaltung mir nicht wirklich gefallen hatte, und den Blick in eine imaginär Ferne schweifend saß ich vor meinem Computer, als wenige Minuten später der Kollege vom Feuilleton mein Zimmer trat und sich mein Leid anhören musste. Kurz blickte er in den nicht weniger imaginären Himmel mit seinen um göttlichen Beistand flehenden Augen, dann sprach der Redakteur diesen Satz: "Ich zitiere Reiner Kunze: Wir haben immer eine Wahl, und sei's, uns denen nicht zu beugen, die sie uns nahmen." Schlagartig ging es mir besser, meinen Seelenfrieden hatte ich wieder, den Gang zur Eisdiele konnte ich mir sparen.
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