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Erfinder rufen mich von Zeit zu Zeit an, wenn sie ein ganz bestimmtes Problem haben, und ich habe viel Verständnis dafür. Ein bahnbrechende Erfindung sei ihnen da gelungen, formulieren sie meistens ihr Anliegen, und das Patentamt habe dies mit der Vergabe einer Nummer bestätigt, und nun soll diese für die Menschheit so wichtige Neuerung in die Welt hinaus getragen werden. Womit die Anrufer dann bei der eigentlichen Schwierigkeit angelangt sind: Niemand interessiert sich für die Erfindung, geschweige denn will ein Unternehmen die Rechte erwerben und das technische Wunderwerk vermarkten. Soll heißen: Alles für die Katz, die Arbeit und der Gehirnschmalz waren vergebliche Liebesmüh. Und dann komme ich ins Spiel: "Könnte Ihre Zeitung nicht mal einen Artikel über meine Erfindung schreiben", fragte mich jüngst ein Tüftler aus Berufung in der Hoffnung, dass den Bericht jemand liest, der sich vorstellen könnte, diese technisches Meisterstück zu produzieren und damit dem Erfinder einen warmen Geldregen zu verschaffen. Das jüngste Beispiel:

"Für Radfahrer, die an einem parkenden Auto vorbeifahren wollen, besteht immer die Gefahr, dass sich plötzlich eine Tür öffnet und es zu einer Kollision kommt", sagte mir der Anrufer und wusste nicht, wie sehr er mir damit aus der Seele spricht, weil ich selbst mittlerweile dazu übergegangen bin, mindestens mit einem Abstand von 1,50 Meter an den Blechkarossen vorbeizufahren, weil ich weiß: Autofahrer schauen nicht in den Rückspiegel und über die Schulter, wenn sie aus dem Auto aussteigen wollen; ich spreche aus Erfahrung. Und dies ist die Erfindung (im O-Ton): "Schon heute lassen sich Türkontakte und Rückleuchten oder Blinker von Pkw über den Bordcomputer so miteinander verknüpfen, dass sie beim Öffnen der Tür ein für Radfahrer sichtbares Warnsignal erzeugen. Sensoren an den Türgriffen können der Elektronik bereits die Absicht des Türöffnens anzeigen. An modernen Pkw verwendete Abstandssensoren lassen sich ebenfalls einbeziehen und würden den Insassen z. B. durch ein fühlbares Signal melden, dass Radfahrer in den Gefahrenbereich kommen. Eine automatische Türverriegelung im Notfall ist ebenfalls möglich." Ich habe den für dieses Thema zuständigen Redakteur gefragt, ob wir an einem Bericht über diese Erfindung interessiert wären; er hat mir auch geantwortet, es war nur ein Wort, ich muss es hier nicht wiederholen.

Aber ich habe nachgedacht, ich bin regelrecht ins Grübeln geraten, denn ich habe mir diese Frage gestellt: Was würde es für die Sicherheit von uns Radfahrern bedeuten, wenn die Autos über eine Warnanlage verfügen würden, die sich mit einem akustischen (wesentlich sicherer als optischen) Signal bemerkbar macht, wenn das Fahrzeug sich einem kreuzenden Radweg nähert und der Autofahrer zwingend in beide Richtungen schauen und sich vergewissern muss, ob sich nicht ein vorfahrtsberechtigter Radfahrer nähert? Ich will nicht spekulieren, ob sich das tatsächlich zu einem Rückgang der Unfallzahlen führen würde, aber eines weiß ich ganz gewiss: Mein eigenes Schicksal vom vergangenen Freitag (Kreuzung Brückenstraße/Straße der Nationen in Chemnitz) wäre mir vermutlich erspart geblieben. Ich drücke es trotzdem mal positiv aus: Für den künstlerischen Ausdruck gab es von den Wertungsrichtern für meinen eleganten Abstieg über den Lenker meines Trekkingrads eine 5,8 und für die sportliche Leistung sogar eine 5,9. Und der Arzt in der Notfallambulanz war sichtlich erfreut, anders konnte ich seine gute Laune nicht interpretieren, endlich mal einen Redakteur der "Freie Presse" unter seine Injektionswerkzeuge zu kriegen, wobei er regelrecht vor Verzücken gluckste, als er auch noch erfuhr, dass es der Leserobmann ist, dem er seine Nadel in die Haut sticht.

Ich habe daraus meine ganz persönliche Konsequenz gezogen: Ich bin mal ein paar Tage nicht da und melde mich in der nächsten Woche schon wieder zurück. Was ich in der freien Zeit machen werde? Radfahren natürlich, was denn sonst, aber ganz langsam und mit viel Gefühl an jedem Schlagloch und parkenden Auto vorbei.

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