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Kenne ich nicht, weiß ich nicht, stimmt nicht
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Ob es an der Mondphase gelegen hat, an der Konstellation der Sterne, am Wetter, an der politischen Großwetterlage oder am Börsengeschehen oder vielleicht doch am Tabellenplatz unseres Zweitligisten - ich weiß es nicht, aber heute war eindeutig der Wurm drin bei meinen Gesprächen mit Lesern am Telefon. Wie ich das meine? Ungefähr so: Einfache Unterhaltungen gab es heute keine, die Probleme und Anliegen der Anrufer gehörten zur Kategorie "anstrengend", wobei sich der Schwierigkeitsgrad auf der nach oben offenen Skala zwischen 4,5 und 7,3 bewegte. Dabei fing es eigentlich eher einfach an:
Episode 1: "Ihnen geht es doch nur um Sex", sagte eine Leserin. Doch das war, bevor jetzt der Verdacht aufkommt, mir gehe es tatsächlich nur darum, nicht die Eröffnung der Unterhaltung, sondern eher die Quintessenz des Gesprächs. "Mir geht es um die Qualität der Fortsetzungsromane in der Zeitung", hatte die Anruferin mir zu Beginn gesagt und den literarischen Anspruch der Geschichten bemängelt, wobei sie die Bettszenen ausdrücklich erwähnte und so kommentierte: "Mit Niveau hat das wirklich nichts zu tun." Eine Weile haben wir noch über Bücher an sich und im Besonderen geplaudert, bevor ich der Frau abschließend diese Frage stellte: "Haben Sie den Roman 'Der Liebhaber' von Marguerite Duras gelesen?" Leider hatte sie das nicht, ich hätte aber zu gerne mit ihr über niveauvollen Sex in der Literatur gesprochen.
Episode 2: "Wenn Sie das mal recherchieren und es stimmt tatsächlich, dann ist das doch ein Skandal, da werden Sie mir doch zustimmen", fasste der Anrufer sein Anliegen zusammen, nachdem er mir den Vorfall ausführlich und lebhaft geschildert hatte. Hier die Zusammenfassung: Seiner Meinung nach gibt es Tankstellen, die bei der Menge des vom Kunden gezapften Benzins schummeln und weniger der kostbaren Flüssigkeit in den Tank fließen lassen als das Zählwerk anzeigt. Gemerkt habe er das, weil sein Auto viel mehr verbraucht, wenn er bei diesen Tankstellen getankt habe; er tanke immer voll, nun würde der Tageskilometerzähler, den er immer dann auf null stellt, eine viel kleinere Zahl anzeigen. Ob ich das alles richtig verstanden habe, weiß ich nicht, nur bei diesem Punkt war ich mir sicher: Das Gespräch nahm eine unerwartete Wendung und gelangte schnell zum Ende, nachdem ich den Leser gefragt hatte, ob er schon mal daran gedacht habe, dass möglicherweise seine Benzinleitung ein Loch hat.
Episode 3: Zunächst erschien es mir als ein leicht zu klärendes Anliegen: "Ich habe kürzlich bei Ihnen einen Brief abgeben und wollte mal nachfragen, ob Sie etwas daraus machen konnten und wann ich dazu etwas in der Zeitung lesen kann", teilte mir der Mann am anderen Ende der Leitung mit. Ganz klar: "Nichts leichter als das, Sie müssen mir nur erzählen, um was es in dem Schreiben ging", antwortete ich und bekam als Reaktion darauf eine genaue Schilderung des Falls. Hier nur die Zusammenfassung: In einer Eigenheimsiedlung kommt ein Hausbesitzer seiner Pflicht zur Reinigung des Fußweges vor seinem Grundstück nicht nach und verärgert damit seine Nachbarn, die sich nun zusammen getan haben, um dagegen vorzugehen. Mir war klar, dass ich, wenn ich den Brief erhalten habe, ihn an die zuständige Lokalredaktion weitergeleitet habe. Deshalb fragte ich: "Jetzt sagen Sie mir bitte noch einmal Ihren Namen, dann suche ich mir den Brief heraus und kläre das für Sie." Die Antwort darauf hat mich tatsächlich sprachlos gemacht: "Mein Name wird Ihnen da nicht weiterhelfen, weil ich den Brief anonym verfasst und in Ihrer Geschäftsstelle abgegeben habe, denn ich bin davon ausgegangen, dass Sie sich das Grundstück einfach mal angucken und uns Nachbarn da raushalten können."
Episode 4: "Ich ärgere mich schon lange darüber, jetzt habe ich aber gerade den Einfall gehabt, ich könnte doch mal den Obmann anrufen, ob er mir die Sache erklären kann", sagte ein Anruferin und bestätigte kurze Zeit später meine Befürchtung, dass mit einer solchen Einleitung eine Herausforderung auf mich zukommt. Dies waren ihre Fragen: "Können Sie mir den Unterschied zwischen Samstag und Sonnabend erklären? Und wenn ja, warum schreibt Ihre Zeitung immer Samstag und nicht Sonnabend?" Meine Antwort war die Flucht nach vorn: "Kann ich nicht und weiß ich nicht." Die Frau wollte sich damit nicht zufrieden geben: "Die Sachsen sagen für gewöhnlich Sonnabend, während die Menschen in Westdeutschland eher vom Samstag sprechen. Da verwundert es doch, wenn die Datumszeile in ihrer Zeitung einen Samstag anführt. Finden Sie das nicht auch verdächtig?" "Nein", sagte ich. "Fragen Sie doch mal Ihren Chef, was er dazu sagt", forderte die Leserin mich auf. "Ich kenne seine Antwort, er hat auch keine", erwiderte ich. "Das verstehe ich nicht", hörte ich die Stimme im Kopfhörer. "Wie meinen Sie das?", fragte ich zurück. "Entweder er weiß die Antwort, dann kann er sie auch sagen, oder er weiß sie nicht, dann soll er dazu stehen", meinte die Anruferin. "Aber das habe ich doch gerade gesagt", gab ich zurück. Lange Rede, kurzer Sinn, das ging noch eine Weile weiter so, bis ich sagte: "Wir drehen uns im Kreis." "Das stimmt", sagte die Frau und fügte hinzu: "Ab man wird ja wohl noch mal fragen dürfen." "Das stimmt", sagte auch ich und senkte meine Stimme etwas, als ich noch ergänzte: "Aber manchmal muss man damit leben, dass es nicht auf alle Fragen auch eine Antwort gibt." Das letzte Wort hatte die Leserin: "Da stimme ich Ihnen zu."
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