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Die Formel für wohltuenden Gleichlauf

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Während der vergangenen Wochen hatte ich viel Zeit, darüber nachzudenken, ob ich nicht die eine oder andere meiner Verhaltensweisen auf den Prüfstand stellen sollte, damit ich etwas mehr wohltuenden Gleichlauf in die Maschine meines mentalen Betriebssystems bringen kann. Was soll ich sagen? Der Vorsatz war und ist auch noch da, ehrlich und ohne Flunkern, doch so einfach ist das nun mal nicht, denn schon am ersten Arbeitstag nach meiner Kur bin ich mir untreu geworden. Denn während der Bahnfahrt nach Chemnitz habe ich mir heute Morgen die Frage gestellt, was ich auf keinen Fall wollte und hartnäckig bis zu diesem Zeitpunkt vermeiden konnte, ob bei meinen Gesprächen mit den Lesern wohl alles noch so sein wird wie vor meiner Auszeit. Deshalb habe ich, weil ich auch das nicht wirklich lassen kann und möchte, noch im Zug eine kurze Liste erstellt mit Anliegen und Problemen, wegen der sich Anrufer in den vergangenen zwei Jahren regelmäßig an mich gewandt haben. Und dann habe ich für mich entschieden: Wenn drei dieser zehn Themen heute zur Sprache kommen, dann kann ich mich darauf vertrauen, dass alles so ist, wie es vorher war und wie ich es durchaus zu schätzen weiß. Das Ergebnis: Es waren sogar vier.

Episode 1: "Ich habe da mal einen Vorschlag zu machen", sagte der erste Anrufer um kurz nach zehn und fügte hinzu: "Vielleicht ist ja bei Ihnen bislang noch niemand auf die Idee gekommen, denn eigentlich ist die Lösung ganz einfach. Und dann dürfen sich viele Leser morgens, wenn sie die Zeitung aus dem Briefkasten holen, nicht mehr so sehr ärgern." Ich fasse zusammen: Der Leser hat eine auf die Zeitungsseite geklebte Werbepostkarte mit einem Ruck abgezogen, was zur Folge hatte, dass das Papier nun ein Loch hatte und mit dem Entstehen desselben ganz Sätze verschwunden waren. Der Anrufer meinte: "Wenn Sie die Karte ganz an den Rand der Seite kleben, dort wo kein Text mehr steht und auch keine Bilder abgedruckt sind, dann kann man sie abziehen, ohne dass ein echter Schaden entsteht."

Episode 2: "Da hat sich wohl wieder mal jemand fein verrechnet", teilte mir ein Anruferin mit und erklärte mir: "In dem Artikel steht, dass die Strompreise zum Jahreswechsel um 11,4 Prozent erhöht werden. Nun habe ich die Information des Anbieters bereits erhalten und alles noch einmal anhand meiner eigenen Rechnungen überprüft und nachgerechnet. Und ich kann Ihnen sagen: Es sind tatsächlich 13,7 Prozent. Bitte klären Sie das und unterrichten Sie ihre Leser."

Episode 3: "Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ein echter Schildbürgerstreich", meinte ein Anrufer, lachte einige Sekunden lang über diese Doppeldeutigkeit, die ich aber erst verstehen konnte, nachdem er mir den Sachverhalt erklärt hatte: "Innerhalb der veränderten Verkehrsführung wegen der Baustelle ist ein Schild aufgestellt worden, dass die Autofahrer auf einen erforderlichen Spurwechsel aufmerksam machen soll. Doch der Pfeil zeigt in eine Richtung, in der es überhaupt keine Straße und damit also auch keine Möglichkeit zum Abbiegen gibt." Ob schon ein Auto gegen eine Wand oder in einen Zaun gefahren sei, wusste der Mann nicht.

Episode 4: "Ich habe kürzlich einen interessanten Artikel in der Zeitung gelesen, dazu habe ich jetzt einige Fragen, und es wäre schön, wenn Sie mir da weiterhelfen könnten", formulierte ein Leser ein Anliegen. Also fragte ich nach: "Wann ist der Artikel erschienen." Antwort: "Das weiß ich nicht genau, vermutlich vor ein paar Wochen, es können aber auch schon Monate sein, Sie müssen wissen, ich ..." Nächste Frage: "Wissen Sie noch, auf welcher Seite er gestanden hat?" Antwort: "Leider nicht." Frage: "Worum ging es denn in dem Bericht?" Antwort: "Um eine Krankheit, aber ich habe den Namen vergessen, er war nämlich ziemlich kompliziert." Ich kürze mal ab: Fünf Fragen und Antworten später hatte ich drei Suchbegriffe zusammen, mit deren Hilfe ich den Text im Archiv gefunden habe; aber ich bitte um Verständnis, dass ich, wenn es um Krankheiten geht, hier niemals schreibe, um welche genau es sich gehandelt hat. Nur dies verrate ich gerne: Es macht unheimlich viel Spaß, Leser am Telefon mit eigentlich so wenig Mühe ein Stück glücklicher zu machen.

Abschließend möchte ich noch schreiben, dass ich heute unter Kollegen und auch gegenüber Lesern etwas kurz angebunden war, wenn ich gefragt worden bin, wie denn die Kur für mich so verlaufen sei. Gesagt habe ich dann immer, dass sich das eher schlecht in wenigen Sätzen zusammenfassen lässt, was dort alles so passiert ist. Aber wenn mich wieder eingearbeitet und etwas mehr Luft habe, werde ich mir gerne die Zeit nehmen (auch hier, das verspreche ich), von meinem Erlebnissen auf meinem "Zauberberg" zu berichten. Die kürzeste Kurzfassung ist eigentlich mehr eine Formel: Sieben zu drei zu fünf zu eins. Alles weitere später.

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