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Das mit den Vögeln lässt mir keine Ruhe

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Manchmal sollte ich die Themen und Anliegen der Leser ernster nehmen, als es mir dann tatsächlich gelingt, weil ich mich nicht dem Vorwurf aussetzen möchte, mich auch nur ansatzweise über Vorschläge oder Sachverhalte lustig zu machen. Denn das will ich ganz bestimmt nicht, auch wenn es in dieser Woche wieder einige Male passiert ist, dass ich schmunzeln musste; manchmal geräuschvoll, manchmal still, manchmal kurz vor der Notwendigkeit des Zuführens von zusätzlichem Sauerstoff, weil ich ...

Episode 1: Die vom Naturschutzbund Deutschland vor einer Woche gestartete Zählung der Wintervögel hat mir reichlich Arbeit verschafft. In dem ersten Artikel dazu fehlte die Nummer, unter der die Vögelzähler anrufen und ihre Daten durchgeben konnten; sieben Leser haben mich deswegen angerufen und wollten die Hotline von mir wissen. Am Tag nach der Aktion haben fünf Anrufer sich bei mir beschwert, dass die Nummer ständig besetzt gewesen sei, und wollten von mir wissen, wo sie jetzt mit den gezählten Vögeln hinsollten (ein Leser wollte mir die Zahl nennen, damit ich mich um alles weitere kümmere). Irgendwann war Schluss, ich war also fast am Ende meiner Geduld, so dass ich dem Anrufer, der gerade in der Leitung war, gesagt habe: "Jetzt schaue ich auf der Homepage des Nabu nach und rufe dort an, um zu fragen, wie es jetzt weitergeht. Bitte bleiben Sie so lange in der Leitung, nicht auflegen." (Ich habe übrigens mittlerweile drei Telefone auf meinem Schreibtisch stehen). Das hat auch wunderbar funktioniert, ich habe jemanden erreicht, die gewünschte Information erhalten, die ich dann an den Leser in der Leitung weitergegeben habe. Nur so richtig die Haltung wahren konnte ich nicht mehr, denn ich begann meine Mitteilung mit diesem Satz: "Ich habe gerade mit dem Bird Conservation Officer des Nabu gesprochen ..."

Episode 2: "Ich verpflichte Sie jetzt zur absoluten Wahrheit", begann heute ein Anrufer das Gespräch mit mir und fragte mich weiter: "Einverstanden?" Innerhalb weniger Sekunden, die ich Zeit hatte, um zu antworten, spielten sich in meinen Gehirnwindungen echte Dramen ab, weil ich in Panik geriet angesichts der Möglichkeiten, was mich der Mann fragen konnte beziehungsweise welche Wahrheiten ich womöglich nicht mal mir selbst, geschweige denn diesem unbekannten Leser preisgeben wollte. Doch halte ich das Schwert der Courage stets hoch, so wollte ich jetzt nicht kneifen und sagte: "Einverstanden." Dann ging alles ganz schnell: "Schlagen Sie doch mal die Seite Aus aller Welt von heute auf." Das tat ich. "Haben Sie den Bericht über das Dschungelcamp schon gelesen?" Ich verneinte das; den Grund wollte er nicht wissen, was mich beruhigte. "Dann gebe ich Ihnen jetzt eine halbe Minute Zeit, in der Sie sich bitte nur die Namen der elf Kandidaten durchlesen und sich die Fotos anschauen." Das tat ich. "Wie viele dieser Personen kennen Sie?" Ich war ehrlich, atmete dabei aus, denn es fiel mir leicht zu sagen: "Einen." Dieser Anrufer - es war einer von vier, die mich wegen des Artikels "Neue Runde im Dschungelcamp" angerufen haben - nahm es mit Humor (die anderen nicht), denn er lachte, als mir die abschließend die Frage stellte (wortwörtlich, diesmal muss es sein): "Und warum berichtet Ihre Zeitung so groß über diesen Mist?" (Übrigens: Den Schauspieler Helmut Berger kenne ich tatsächlich, während ich dann beim Lesen des Artikels feststellte, dass auch der Name Arno Funke als Kaufhauserpresser Dagobert mir geläufig ist, während ich von den anderen neun Menschen noch nie in meinem Leben etwas gehört oder gesehen hatte. Eventuelle Prügel dafür stecke ich gerne ein, denn nach Helmut Lotti in dieser Woche habe ich nämlich jetzt ein dickes Fell.)

Episode 3: "Ich schaue aus dem Fenster und sehe, wie der Hausmeister des Nachbarhauses gerade Salz auf den Gehweg vor dem Gebäude streut", teilte mir ein Anrufer mit. Ich hätte die kurze Pause, die er danach machte, als das erkennen sollen, was es war, denn der Mann musste nur noch einmal durchatmen, weil er so aufgeregt war, aber stattdessen fühlte ich mich gedrängt, die Lücke zu füllen und sagte: "Das ist doch prima, denn wenn ich aus meinem Bürofenster schaue, dann stelle ich fest, dass es immer noch schneit. Dann kann bei ihnen jedenfalls niemand ausrutschen und sich verletzen, weil es doch bestimmt glatt ist." Selten habe ich einen nicht angeforderten Kommentar so sehr bereut wie diesen, denn der Mann in der Leitung holte hörbar tief Luft und erhob die Stimme, als er mir mit Nachdruck deutlich machte: "In Chemnitz ist das Streuen mit Salz doch verboten." Soll ich noch verraten, was der Leser wirklich von mir wollte? Ja? Also gut: "Machen Sie sich doch bitte mal kundig, wo ich den Hausmeister melden muss; notfalls zeige ich ihn auch an." Nachdem ich ihm versicherte, die Frage an die zuständige Redaktion weiterzuleiten, legte ich den Hörer auf, wollte diesen Schreck in Ruhe verdauen, als es erneut klingelte. "Essen Sie auch tiefgefrorenes Gemüse?", wollte die Leserin von mir wissen.  (Fortsetzung folgt)

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