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So oder so: War früher alles besser?
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Weil ich eigentlich nicht mitreden kann, verzichte ich fast immer darauf, mit Lesern am Telefon zu diskutieren, wenn sie mich angerufen haben, weil sie mir sagen wollen: Zu DDR-Zeiten war alles viel besser, gerechter und menschlicher. Regelmäßig passiert das, wenn über das Gesundheitssystem in unserem Land und über die Auswirkungen für die Menschen berichtet wird; auch nach Berichten über die Verhältnisse bei der Kinderbetreuung und über pädagogische Konzepten in den Schulen gibt es stets Gespräche darüber, dass es früher weniger kompliziert und vor allem leichter zu finanzieren gewesen sei. Seit langer Zeit bin ich jetzt wieder einmal von meiner Linie abgewichen und habe mich auf eine Debatte mit dem Anrufer eingelassen.
"Früher haben wir für Wasser nicht extra noch bezahlen müssen", sagte der Leser zu Beginn des Gesprächs und fügte seine Forderung gleich hinterher: "Es sollte meiner Meinung nach allen Menschen kostenlos und unbegrenzt zur Verfügung stehen." Angerufen hatte mich der Mann, weil auf der aktuellen Seite Leserforum einige Meinungen zu den Plänen der Europäischen Union für eine mögliche Privatisierung der Wasserversorgung zu lesen waren.
Kurze Zwischenbemerkung: Laut meiner Kollegen in der Redaktion, die ich deswegen befragt habe, war das Wasser zu DDR-Zeiten entweder in der Miete mit drin oder es war so billig, dass man es als zusätzlichen Kostenfaktor mehr oder weniger vernachlässigen konnte. Kostenlos war es demnach nicht, aber teuer eben auch nicht.
"Da bin ich ganz anderer Meinung", habe ich dem Anrufer geantwortet, was dann die anschließende Diskussion ausgelöst hat. Dies vorneweg: Wir sind auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen.
Die Position des Lesers: Ähnlich wie die (saubere) Luft zum Atmen sollte Wasser dem Menschen deshalb unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung stehen, weil er ohne nicht leben kann, weshalb der Staat dafür zu sorgen hat, dass seine Bürger sich keine Sorgen machen müssen, weil sie darüber zu befinden haben, ob sie es sich überhaupt und in ausreichendem Maße auch leisten können. Die Produktion sauberen Wassers sollte über Steuermittel finanziert werden; sollte nicht ausreichend Geld vorhanden sein, müsste es an anderen Stellen eingespart werden, bevor über eine Abgabe seitens der Bürgerinnen und Bürger überhaupt erst nachgedacht werden dürfte.
Meine Position: Auch wenn man die Gründe dafür, derer es viele gibt, entschieden kritisieren muss, kommt man an der Tatsache nicht vorbei: Wasser ist zu einem kostbaren Gut geworden, das es zu schützen gilt und von dem man mit Nachdruck jede Art der Verschwendung fernhalten muss. Steht es kostenlos und unbegrenzt zur Verfügung, würde einem unnötigen Verbrauch enorm Vorschub geleistet. Ausreichend und bezahlbares Wasser für alle Menschen ist eine Pflichtaufgabe des Staates, für deren Finanzierung er die Bürger in einem vertretbaren Maß heranziehen darf. Mit allen Mitteln ist zu verhindern, dass Wasser zu einem Spekulationsobjekt für Finanzjongleure wird; eine Privatisierung ist deshalb abzulehnen und mit allen Mitteln zu verhindern.
Weil ich eigentlich nicht mitreden kann, hüte ich mich davor, den Anrufern zuzustimmen, wenn sie mir sagen: "Früher in der DDR war alles viel besser." Doch kürzlich habe ich es einmal getan: "Da haben Sie vollkommen recht, da stimme ich Ihnen zu", habe ich geantwortet auf diese Frage des Lesers: "Warum brauchen wir in Deutschland mehr als 100 Krankenkassen?"
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