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Ausnahmsweise mal erlaubt: Alles wird gut
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Manchmal kommt es vor, dass mir Leser etwas sagen, von dem ich weiß, dass ich es wohl niemals vergessen werde. "Darf ich Ihnen mal meinen Lieblingsspruch verraten?", fragte mich heute ein Anruferin, mit der ich zunächst über die Größe von Fotos zu den Artikeln innerhalb der Serie "Kräuterporträt" auf der Seite Ratgeber gesprochen hatte ("Man erkennt so wenig, geht es vielleicht etwas größer?" lautete ihre Frage), bevor wir uns noch lange über gesunde Ernährung und wohltuenden Balsam für Körper und Geist unterhalten haben; sie durfte natürlich: "Am Ende wird alles gut, wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht zu Ende", sagte sie und sprach mir, wie man so schön formulieren darf, in diesem Moment aus der Seele. Eigentlich dürfte nun nichts mehr kommen, aber ich möchte, weil es jenseits dieser Momente klaren Erkennens den Alltag nun einmal gibt, noch kurz auflisten, was ich heute noch so gelernt beziehungsweise erfahren habe bei meinen Gesprächen mit Lesern am Telefon.
Episode 1: "Die NSU-Mörderbande hat im Auftrag des Kapitals gehandelt, denn das hatten wir doch schon mal in Deutschland, und damals hat es offensichtlich funktioniert, viele mussten unsagbar leiden, einige habe profitiert", sagte ein (nach eigenen Angaben über 80 Jahre alter) Leser, der mit mir über dieses Thema nicht reden wollte und deshalb nach seiner Stellungnahme gleich wieder aufgelegt hat. Das Gespräch hat 17 Sekunden gedauert, das kürzestes aber war es nicht, das war nach 3,7 Sekunden schon zu Ende.
Episode 2: "Wer nicht möchte, dass sein Allerwertester ihm wehtut, kann sich doch Liegefahrrad kaufen, dann erledigt sich dieses Problem von ganz allein", schlug mir eine Leserin vor, die den Bericht "Schmerzender Po am Anfang ist normal" auf der Seite Ratgeber gelesen hatte und die tatsächlich verärgert klang, weil ich sie gefragte habe, ob sie das ernst meint oder ob sie mit dieser Form von Ironie den Inhalt des Artikels kritisieren wollte.
Episode 3: "Ich würde gern mal mir Ihnen über Clearfield-Raps sprechen", sagte ein Leser. "Ich weiß nicht, was das ist", habe ich geantwortet. "Genau deshalb rufe ich an", fügte der Anrufer hinzu. "Um mir zu erklären, was Clearfield-Raps ist"?, fragte ich zurück. "Um Ihnen den Vorschlag zu machen, dass Sie doch mal einen Bericht darüber in der Zeitung veröffentlichen können", korrigierte mich der Mann in der Leitung. "Ist das denn wichtig?", fragte ich zurück. "Wie stehen Sie denn zu genmanipulierten Pflanzen?", hörte ich eine Gegenfrage. "Lehne ich grundsätzlich ab", sagte ich. "Eben, und Clearfield-Raps ist meiner Ansicht nach genauso schlimm, wobei ich heute im Radio gehört habe, dass der Anbau in Deutschland gerade beginnt. Ein kritischer Hintergrundbericht in der Zeitung wäre doch nicht schlecht, oder?", meinte der Anrufer. Ich habe ihm zugestimmt, nachdem ich im Netz in einer Informationsbroschüre der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen diese Definition gelesen habe: "Die Bezeichnung 'Clearfield' steht weltweit für die Kombination aus einem Herbizid und der dazu passenden, gegen dieses Herbizid resistenten Kulturpflanze. Die Resistenz ist auf herkömmlichem Weg jeweils in die Kulturpflanzen eingekreuzt. Für Europa steht die Einführung des Systems in Winterraps an."
Episode 4: "Wissen Sie, ob die Anwälte bei dem NSU-Prozess Pflichtverteidiger sind?", fragte mich ein Leser; ich wusste das ebenso wenig, wie ich eine Antwort darauf hatte, wer die Anwälte von Beate Zschäpe beauftragt hat und wer sie für ihre Arbeit bezahlt, doch in einem Punkt war ich mir sicher: "Das ist eine gute Frage, ich werde die Redaktion darüber informieren, vielleicht können wir sie bei einem der nächsten Berichte beantworten."
Episode 5: "Lesern Sie eigentlich auch andere sächsische Tageszeitungen?", fragte mich ein Anrufer. Dafür fehle mir die Zeit, habe ich geantwortet, doch in der Redaktion der "Freien Presse" seien täglich Kollegen damit beauftragt, einen Blick in die anderen Blätter zu werfen. "Vergleichen ist immer gut", habe ich dem Mann in der Leitung noch gesagt. "Sagt Ihnen das Zitat, Chemnitz sei die Hauptstadt des Grauens etwas?", fragte mich der Leser weiter, ohne auf das vorherige Thema weiter einzugehen. Mein Gedächtnis ließ mich diesmal nicht im Stich, denn ich erinnerte mich an die Berichte vor etwas mehr als einem Jahr, als die "taz" einen wenig schmeichelhaften Artikel über Chemnitz veröffentlicht hatte. Nachdem ich das dem Anrufer gesagt hatte, tat er sehr erstaunt, als er mich mitteilte: "Ihnen und Ihren Kollegen ist aber wohl entgangen, dass eine Tageszeitung in der Landeshauptstadt dieses Zitat in einer Kolumne noch einmal wiederholt hat." Ich ahnte, worauf der Mann hinauswollte, denn seiner Ansicht nach hätte "Freie Presse" auch darauf reagieren müssen, weshalb ich spontan sagte: "Wissen Sie, ich glaube, dass die Chemnitzer diesmal selbstbewusst und ohne Nachteile zu befürchten ignorieren können, was aus Dresden kommt." Der Leser schwieg, einen Widerspruch hörte ich nicht, nur dies: "Wenn Sie meinen."
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