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Dann will ich nicht weiter darüber reden
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Dass Leser mich am Telefon aus der Reserve locken und ich energisch protestiere wegen der Wortwahl oder des Inhalts der Bemerkungen, passiert eigentlich eher selten. Gestern jedoch bin ich mal wieder etwas deutlicher bei meiner Kritik geworden, wobei ich nicht verhindern kann, das auch meine Stimme dann etwas drängender klingt; und heute ist es schon wieder passiert. Bei den beiden Gesprächen ging es jeweils um Artikel auf der Seite Zeitgeschehen in der "Freien Presse".
Episode 1: "Der Bericht verherrlicht meiner Meinung nach den Kriegseinsatz der Bundeswehr auf eine nicht zu akzeptierende Art und Weise", meinte ein Leser und kritisierte damit den Artikel "Zwischen Stolz und Sehnsucht"; in der Reportage ging es darum, dass es die Angehörigen oft nicht leicht haben, wenn Soldaten in den Auslandseinsatz ziehen. Zunächst habe ich mit dem Anrufer sachlich diskutiert und mir weitere Argumente von ihm angehört, warum er diese Geschichte über eine junge Frau, deren Freund in Afghanistan im Einsatz ist, und über den Familientag in einer Kaserne nicht gut findet. Dann fiel in einem seiner Sätze das Wort "Heldenbräute", und ich habe ihn sofort unterbrochen und gesagt, dass ich diese Bezeichnung diskreditierend und respektlos finde und dass ich möchte, dass er das Wort nicht noch einmal wiederholt. In dieser Sekunde kippte das Gespräch, weil der Leser sich angegriffen fühlte und meinte, dass er zu seiner Haltung stehe, weshalb er sich bei der Wortwahl nicht maßregeln lassen wolle. "Dann würde ich das Gespräch an dieser Stelle gern beenden", sagte ich; der Mann in der Leitung war damit einverstanden.
Episode 2: Bei diesem Gespräch mit einer 79-jährigen Leserin ging es um den heutige Artikel "Sie sind jetzt Mann und Mann" über die erste Trauung von zwei Schwulen in Frankreich. Anmerken möchte ich dazu: Schon immer, wenn Berichte oder Kommentare über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der Zeitung stehen, rufen mich Leser dazu an oder schreiben mir Mails; auch heute wieder, es sind aber immer ausnahmslos Gegner, die überhaupt gar kein Verständnis dafür aufbringen können und bei der Wahl ihrer Argument immer wieder ganz tief in die Kiste mit Klischees und Vorurteilen greifen. Diese Seniorin ging aber eindeutig zu weit: "Demnächst wollen sie sich wohl auch noch eine Gebärmutter einpflanzen lassen, um dann auch selbst Kinder kriegen zu können." Ich habe der Anruferin gesagt, dass ich diese Bemerkung für zynisch, sogar menschenfeindlich und für völlig unangebracht halte und dass ich, wenn sie weiter auf diesem Niveau mit mir über dieses Thema sprechen möchte, das Gespräch lieber beenden möchte. Diese Frau war einsichtiger, gab zu, sich in der Wahl der Argumente vergriffen zu haben, und hat anschließend noch mit mir darüber gesprochen, warum die Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare gerade in Frankreich für so viel Aufsehen und gesellschaftlichen Zündstoff sorgt.
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