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Leben mit der Erinnerung an einen Tag

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In den vergangenen drei Tagen habe ich rund 30 Gespräche mit Lesern über die Ereignisse rund um den Volksaufstand am 17. Juni 1953 und über die Bedeutung der NVA zu DDR-Zeiten sowie über den Umgang mit der ehemaligen Armee in der Gegenwart geführt. Einen gemeinsamen Tenor hatten diese Unterhaltungen nicht, es gab ebenso höchst emotionale wie betont sachliche Stellungnahmen, ebenso kritische und drängende wie versöhnliche und vermittelnde Stimmen. Aus der Vielzahl der Eindrücke sind mir, weil sie eine gewisse Saite in mir zum Schwingen gebracht haben, diese in Erinnerung geblieben, weshalb ich kurz davon berichten möchte.

"Wenige Wochen vor dem 17. Juni hat uns in der Schule ein Lehrer von den aufkommenden Unruhen und der Stimmung unter den Werktätigen erzählt",  erinnerte sich ein Leser und fügte, während seine Stimme dabei ins Stocken geriet, diesen Grund für seinen Anruf hinzu: "Bereits am nächsten Tag ist er nicht mehr in der Schule erschienen, wir haben nie wieder etwas von ihm gehört. Bei jedem Klassentreffen fragen wir uns immer wieder, was aus diesem couragierten Mann wohl geworden ist."

"Beim aufmerksamen Lesen der Meinungen auf der Seite Leserforum zum Umgang mit der NVA habe ich mich an folgenden Spruch erinnert, allerdings weiß ich nicht mehr, von wem er stammt", sagte eine Leserin und zitierte mit deklamierendem Tonfall: "Die über Nacht sich umgestellt, die sich zu jedem Staat bekennen, das sind die Herren dieser Welt, man könnte sie auch Lumpen nennen."

"Ich bin schon alt und ich werde diesen Tag wohl nicht mehr erleben, aber ich sehne ihn seit Jahren schon herbei", sagte eine Leserin und formulierte ihren sehnlichsten Wunsch als Frage: "Wann werden die Menschen endlich Ruhe geben, wenn es um die DDR geht."

"Mein Mann und ich haben in drei politischen und gesellschaftlichen System gelebt, und wenn mich jemand fragen würde, was mir als erstes zur DDR einfällt, dann würde ich mit der Antwort nicht eine Sekunde lang zögern", erzählte mir eine Leserin und sagte daraufhin diesen Satz: "Wir hatten einfach viel weniger Angst."

"Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass auch meine Eltern in den siebziger Jahren, allerdings natürlich nicht laut oder öffentlich, den 17. Juni als den Tag der deutschen Einheit bezeichnet haben", sagte ein Leser, der in einer westsächsischen Kleinstadt aufgewachsen ist.

"Vor mir liegt der Befehl, der uns an diesem 17. Juni bei der Arbeit im Betrieb erreicht hat und demzufolge wir umgehend nach Hause gehen sollten", sagte eine Leserin und fügte hinzu: "Ich erinnere mich, als wäre es heute, was ich in diesem Augenblick gefühlt und gedacht habe".

"Mein Vater war fünf Jahre im Zuchthaus", sagte eine Leserin, "und ich weiß bis heute nicht, was er an diesem 17. Juni getan hat, um diese Strafe verdient zu haben."

"Mein Eltern haben wohl Glück gehabt, beide sind nach dem 17. Juni nicht verhaftet oder anderweitig belangt worden", erzählte eine Leserin. Zuletzt hat sie mir noch dies gesagt: "Das Bild aber, wie die Panzer vor dem Betriebsgelände stehen, werde ich Zeit meines Lebens nicht vergessen.

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