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Wählen oder nicht, das ist nicht die Frage

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Dies ist eine Warnung vorneweg: Heute könnte das Nachvollziehen meiner Gedankengänge eine etwas größere Herausforderung als sonst sein. Vor Wochen bereits, als die Politiker bei der Planung und Vorbereitung ihres Wahlkampfes für die Bundestagswahl am 22. September noch in den Startlöchern standen, habe ich einen Entschluss gefasst: Hier in meinem Blog werde ich auf keinen Fall über eine einzelne Parte schreiben; weder meine Meinung zu einem politischem Programm darlegen, noch meine ganz persönliche Einschätzung eines bestimmten Politikers verraten. Was soll ich sagen, ich muss es gestehen: Dieser Vorsatz ist Makulatur, ich werden ihn jetzt brechen, ich kann gar nicht anders: Reden wir über die "Partei der Nichtwähler". Ein einziger Anruf ist für diese Inkonsequenz verantwortlich, der Leser hat mir als erstes diese Frage gestellt:

"Kennen Sie sich mit der Wahlkampfkostenerstattung aus?", wollte er von mir wissen, und dies war meine Antwort (während ich dieses Wort in die Suchmaschine tippte): "Allgemein eher ja, im Detail eher nein", sagte ich und war zuversichtlich, dass ich (mit Hilfe der Treffer im Netz) mit den gewünschten Informationen dienen konnte. Konnte ich jedoch nicht, weil die nächste Frage in eine unerwartete Richtung ging: "Ist es richtig, dass ich, wenn ich gar nicht wählen gehe, eine der Parteien schade, weil sie das Geld, das sie für meine Stimme erhalten würde, nicht bekommt?" formulierte der Anrufer und legte noch einen drauf: "Und bedeutet das, dass ich dem Staat eine Ausgabe erspare, weil ich nicht wählen gehe und er das Geld, das eine der Parteien für meine Stimme bekommen würde, nicht auszahlen muss?" Das war der Zeitpunkt, als in meinem Gehirn ein Drehwurm sich anschickte, mein Denkvermögen beeinflussen zu wollen, weshalb ich, was ich höchst selten tue, mir eine Auszeit nahm und dafür mir eine Ausrede zu nutzen machte: "Um ganz sicher zu gehen, Ihnen keine falsche Information zu geben, möchte ich versuchen, einen kompetenteren Gesprächspartner für Sie zu finden und einen Kollegen aus dem Ressort Politik ans Telefon zu bekommen." Der Leser war damit einverstanden, ich wählte die Verbindungstaste; der Mann in der Leitung hörte Musik, während ich, weil ich die Redakteure nicht mit solchen Anliegen behelligen möchte und deshalb so gut wie nie Fragen an die Kollegen weiterreiche, die Einträge im Netz überflog. Und zum Glück nach etwa einer halben Minute als Kombination aus mehreren Treffern eine Antwort schlussfolgern konnte:

"Ja, sie schaden der Partei, die sie eigentlich wählen würden, aber nicht wählen, weil sie für Ihre Stimme keine 85 Cent beziehungsweise 70 Cent (ab vier Millionen Stimmen) erhält aber. Nein, sie ersparen dem Staat keine Ausgabe, weil der Gesamtbetrag der staatlichen Parteienfinanzierung gedeckelt ist (vor vier Jahren beispielsweise bei 133 Millionen Euro lag) und weil die Addition der Beträge auf Grundlage der Stimmen immer über diesem Betrag liegt, was zur Folge hat, dass die Gesamtsumme nicht sinkt, wenn eine Stimme weniger abgegeben wird, sondern nur das Verhältnis der Verteilung auf die Parteien sich verschiebt." An dieser Stelle machte ich eine Pause, aber der Mann in der Leitung sagte auch nichts, weshalb ich mich an einem abschließenden Resümee versuchte: "Der Nichtwähler verzichtet darauf, über das Verhältnis der Parteienzuschüsse mitzubestimmen, auf die Gesamthöhe hat er aber keinen Einfluss."

Nun endlich sprach auch der Anrufer: "Ob ich das alles verstanden habe, weiß ich nicht, ich muss mir das mal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen", sagte er und fragte mich: "Aber wenn ich das richtig verstanden habe, dann kann die Partei der Nichtwähler, die ja für die Wahl zugelassen wurde, keinen Anspruch auf das Geld erheben, was der Staat bei der Parteienfinanzierung einspart, weil es dieses Geld, wie sie gerade erklärt haben, gar nicht gibt, denn es wird ja nichts gespart durch das Nichtwählen." Nach diesem Satz holte der Leser tief Luft und sagte: "Da bin ich aber beruhigt." Eigentlich wollte ich es nicht, aber an dieser Stelle ließ ich mich dann doch dazu hinreißen, womit ich für wenige Sekunden meinen Vorsatz über Bord warf und gesagt habe: "Die Partei der Nichtwähler kann ich ohnehin nicht ernst nehmen, weil das ein Paradoxon ist, denn die Nichtwähler sollen diese Partei wählen; ohne Zweifel ein unauflösbarer Widerspruch, wie dieses sprachliche Paradoxon, denn dümmer als der Dümmste geht eben nicht." Bevor jemand jetzt auf die Idee kommt, wegen dieser Meinung über eine Partei mich an den Pranger zu stellen, will ich noch sagen: Ich habe mich auf der Homepage der "Partei der Nichtwähler" über ihr Programm informiert, und ich finde den Ansatz, mit Forderungen nach Reformen des Politikbetriebs ein Parteiprogramm auszufüllen, gar nicht mal abwegig; aber der Name "Partei der Nichtwähler" bleibt inakzeptabel.

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