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Unter uns: Das kann nicht sein, oder doch?

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Sollte ich jemals gedacht haben, dass die Leser vergessen könnten, was sie geärgert hat, nachdem sie es in der Zeitung gelesen oder gesehen haben, nur weil sie mich nicht erreichen konnten, so weiß ich seit Montag mit Gewissheit, dass dem nicht so ist. Soll heißen: Die Zahl der Gespräche, in denen die Anrufer entweder die Formulierung "das darf doch wohl nicht wahr sein" verwenden oder auf die nicht weniger deutliche Redewendung "es kann doch nicht angehen, dass ..." sowie Varianten davon zurückgreifen, war im Vergleich zu "normalen" Wochenanfängen diesmal überdurchschnittlich hoch. Ein paar Beispiele:

Episode 1: "Der Mann auf dem Foto ist auf keinen Fall Ingo Steuer", sagte eine Leserin und fügte hinzu: "Ich bin entsetzt, das darf doch nicht passieren, diese Verwechslung ist nicht zu verzeihen." Ich habe ihr versichert, dass ich mich darum kümmere und dass, falls das Bild tatsächlich nicht den Eislauftrainer zeigt, eine Korrektur in der Zeitung erscheinen wird. Der Kommentar von der Kollegin aus dem Ressort Sport: "Die Haare sind ab, die Frisur ist neu." Und ich habe gedacht: Der Mann hat Möglichkeiten, von denen ich nur träumen kann.

Episode 2: "Ich habe Schmerzen und muss zum Arzt, bei vier Praxen habe ich angerufen. Und soll ich Ihnen etwas verraten? Bei allen sprang der Anrufbeantworter an und teilte mir mit, dass man Urlaub mache. Wo leben wir denn, dass man kranken Menschen so etwas zumutet"?, fragte mich ein Leser und erhielt von mir die Antwort: "In Zeiten des Internets", sagte ich und gab ihm nach einer kurzen Suchaktion die Telefonnummern von weiteren Medizinern in seiner Nähe; und, weil geteiltes Leid nun mal halbes Leid ist, auch noch die Nummern der Kassenärztlichen Vereinigung in Chemnitz, Leipzig und Dresden.

Episode 3: "Ich habe mich auf eine Stellenausschreibung beworben, die ich in Ihrer Zeitung gelesen habe", verriet mir eine Leserin, was aber nicht der Grund für ihren Anruf war, wie sie sogleich hinzufügte, denn sie habe nach dem Vorstellungsgespräch kein Interesse mehr gehabt: "Als Kurierfahrerin sollte ich 2,50 Euro in der Stunde verdienen, weshalb ich denen ins Gesicht gesagt habe: Das darf doch wohl nicht wahr sein, deshalb ohne mich." Sie meinte noch, dass man solchen Firmen das Handwerk legen müsse, das sei doch sittenwidrig. Über die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns wollte die Frau mit mir dann aber nicht mehr diskutieren.

Episode 4: Zum Bericht "Alt wie ein Baum" meinte ein Anrufer: "Das auf dem Foto ist niemals eine Traubeneiche, wie kann so etwas nur passieren, ich bin entsetzt", war er sich ganz sicher, dass zum Text über den Baum des Jahres 2014 ein falsches Bild zu sehen war. Dies zu klären, versprach ich dem Mann und fragte ihn, was eindeutig ein Fehler war: "Man erkennt eigentlich nicht viel auf dem Foto, sind Sie da ganz sicher?" Denn seine Erwiderung begann mit dieser Feststellung: "Das glaube ich jetzt nicht, das darf doch wohl nicht wahr sein." Eine Stunde später teilte mir die für Bäume zuständige Fachredakteurin mit: "Der Baum auf dem Foto ist eine Traubeneiche." Da habe ich dann doch aufgeatmet, auch für alle anderen Kollegen bei den Zeitungen, die das gleiche Bild in ihren Blättern hatten.

Episode 5: Ich formuliere das Anliegen eines Lesers zunächst mal als Rätsel. Folgende Attribute und Eigenschaften eines berühmten Zeitgenossen standen in einem einzigen Artikel in der Zeitung, und ich möchte nun wissen: Von wem ist hier die Rede? Los geht's der Reihe nach: "Milch-Bubi", "schüchtern, mit Zahnspange im Mund und unreiner Haut", "absolute Dominator", "Lausbub mit dem schelmischen Lächeln", "rücksichtsloses Alpha-Tier", "kaltblütig, sucht seinen Vorteil ohne Rücksicht auf Verluste" und "lebenslustig, humorvoll". Und? Verwirrt? Der Leser war es nicht, sein Urteil stand fest: "Der Verfasser dieses Artikels sollte lieber Seifenkistenrennen moderieren." Muss ich das Rätsel noch auflösen?

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