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Und der Fluss fließt den Berg hinauf ...
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In jüngster Zeit war ich etwas nachlässig mit meinen Wochenrückblicken an Freitagen, weil sie wegen aktueller Gespräche mit Lesern ausgefallen sind, weshalb ich heute wieder mal berichten möchte von dem, worüber ich mich mit Anrufern unterhalten habe, aber was für einen eigenen Blogeintrag (substantiell) nicht ganz reicht. Seit Montag waren es diesen kleinen Geschichten:
Episode 1: "Sie hatten da kürzlich einen längeren Beitrag darüber in der Zeitung, dass es bei der Europäischen Union offenbar Pläne gibt, Plastiktüten zu verbieten", sagte eine Leserin und bewirkte damit, dass ich sofort meinen Betriebsmodus auf "Entspannung" umschaltete, weil ich spontan davon ausging, dass ich es am anderen Ende der Leitung mit gleichgesinnten grünen Seele zu tun habe und wir nun über aktiven praktizierten Umweltschutz sprechen können. Dem war aber nicht so, die Frau meinte: "Ich finde das nicht richtig, denn Plastiktüten haben für die Kunden viele Vorteile, denn beispielsweise kann er sie später ein zweites Mal verwenden. Eine Umstellung auf Stofftaschen wäre außerdem viel zu teuer. Wenn man Plastiktüten entsorgen will, ist das ganz einfach, man kann sie problemlos in die gelben Säcke stecken." Ich war sprachlos, es kam aber noch schlimmer: "Zum modernen Leben gehören Plastiktüten dazu, und deshalb hoffe ich, dass die EU-Volksvertreter gegen diese Pläne stimmen."
Episode 2: "Sie schreiben doch in der Zeitung immer mal wieder von außergewöhnlichen Naturschauspielen", stellte ein Leser fest, wartete meine Bestätigung aber nicht ab, sondern fügte sofort hinzu: "Dann werden Sie dieses mit Sicherheit aufgreifen und sofort dazu einen weiteren Bericht verfassen." Irgendetwas in der Stimme signalisierte mir, dass es besser sei, auf der Hut zu sein, weshalb ich mich auf eine sachliche Gegenfrage beschränkte: "Sie sagen mir, was es ist, und dann sehen wir weiter." Damit war der Anrufer einverstanden und zitierte einen Ausschnitt aus dem Text einer Bildnachricht in einer Lokalausgabe der "Freien Presse": "Auf seinem Weg von der Mündung im Vogtland spülte die Mulde große Mengen an Sand, Kies und Waldboden mit ins Erzgebirge, die sich nach und nach an der Stauwurzel der seit 1982 existierenden Talsperre Eibenstock auftürmten." So viel physikalischen Sachverstand habe ich dann doch, dass ich den Fehler sofort bemerkte und sagen konnte: "Es muss natürlich Quelle heißen, ich werde die Kollegen darüber informieren." Weil ich es offensichtlich nicht bemerkt hatte, sah sich der Leser noch veranlasst, dies zu sagen: "Man wird doch wohl noch mal einen Spaß machen dürfen."
Episode 3: "Da hat sich doch tatsächlich mein Bauch gemeldet", bekannte eine Leserin in Anlehnung an meine Kolumne "Der Bauch denkt mit" auf der aktuellen Seite Leserforum und erklärte mir, wobei sie weniger gutes Gefühl gehabt hat: "In dem Artikel über den Pisa-Vergleichstest stand, dass die Schüler aus asiatischen Regionen ihre europäischen Altersgenossen wieder klar abgehängt haben, vor allem deshalb, weil dort großer Wert auf Auswendiglernen und ständige Wiederholungen gelegt wird und sowohl der Drill als auch der Konkurrenzkampf bewusst gefördert wird." Dem würde sie energisch widersprechen wollen, sagte mir Frau in der Leitung, weil sie während ihrer Schulzeit das sture Auswendiglernen gehasst habe und das Pauken von Formeln und Buchungssätzen sie in keiner Weise auf das wirkliche Leben vorbereitet habe. Dann habe ich einen Fehler gemacht und gefragt: "Können Sie mir ein Beispiele nennen, was sie alles so auswendig lernen mussten?" Die Leserin konnte und legte los, bis ich dann nach etwa fünf Minuten einhakte: "Da haben Sie aber doch eine Menge behalten." Die Anruferin zögerte, dann sagte sie: "Das stimmt, jetzt da Sie es sagen."
Episode 4: "Ich war in einem Konzert im Dom und habe ein Aufführung der Böhmischen Hirtenmesse von Jakub Jan Ryba erleben dürfen", sagte eine Leserin zu Beginn des Gesprächs und machte eine Pause. Mit der Vermutung, dass sie mit der Rezension in der Zeitung nicht einverstanden sei und eine ganz andere Meinung habe als der Autor des Artikels, wollte ich auf schon mal vorsorglich auf Versöhnungskurs gehen und sagte deshalb betont entgegenkommend: "Dann erzählen Sie mir doch, wie es Ihnen gefallen hat." Immer noch zögerte sie, bevor sie weitersprechen konnte, bis sie dann sagte: "Ich habe geweint, so schön war es." Sie hatte mich nicht angerufen, wie sich dann herausstellte, weil etwas zur Zeitung sagen wollte, ihr Beweggrund war ein ganz anderer: "Ich wollte Ihnen davon erzählen, damit sie auch einmal etwas Schönes hören, weil doch sonst immer nur Leute bei Ihnen anrufen, weil sie sich über etwas geärgert haben."
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