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Manchmal weiß ich dann nicht weiter
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Dass sich Leser über mich beschweren wollen, ist für mich zwar nicht gerade eine Alltäglichkeit, aber eine absolute Ausnahme sind diese Redaktionen von Anrufern am Ende eines Gesprächs eigentlich auch nicht; durchschnittlich so ein oder zwei Mal in der Woche muss ich damit leben, dass ich der Person am anderen Ende der Leitung nicht wirklich helfen konnte und dass sie das nicht gut fanden und meinten, darüber mal mit jemanden zu sprechen, der mir dann sagt, dass es so nicht geht. Was soll sich noch weiter drum herumreden: Heute waren es gleich drei Anrufer, die sich dann mal an eine höhere Stelle wenden wollen. Darum ging es:
Episode 1: "Mich interessiert jetzt Ihre Meinung dazu", sagte eine Leserin, die mich angerufen hatte, weil sie nicht glauben wollte, was sie in dem Artikel "Mütterrente soll aus Steuern finanziert werden" (heute auf der Seite "Kommentar & Hintergrund") gelesen hatte. Ihrer Ansicht nach sei es eine Unverschämtheit, dass sie in der Zeitung lesen müsse, dass es um eine Generation von Rentnern gehe, die nicht wirklich bedürftig sei, dass die Frauen in Deutschland gut abgesichert seien und dass die meisten Rentnerinnen offenbar über ein auskömmliches Alterseinkommen verfügen würden. Geantwortet habe ich dies: "Tut mir leid, ich habe keine Meinung dazu." Begründet habe ich dies damit, dass ich über keinerlei Hintergrundinformationen verfüge, auf deren Grundlage ich mir zutrauen würde, mir eine eigene Meinung zu bilden. Die letzten Minuten der Unterhaltung leitete die Frau mit der Frage ein, welche Qualifikationen man haben müsse, um den Job des Leserobmanns bei einer Tageszeitung zu bekommen.
Episode 2: "Das glaube ich Ihnen nicht", sagte ein Leser, dem ich gerade erklärt hatte, dass es zu diesem Thema (die geplante Rentenreform in Deutschland) genau nur diese Leserbriefe bei der "Freien Presse" eingegangen seien, die er gestern auf der Seite Leserforum gelesen habe. "Andere haben wir nicht erhalten, das waren alle", hatte ich noch hinzugefügt. Zunächst habe ich ihm das noch zwei Mal mit Nachdruck versichern dürfen, bevor der Mann mir dann ebenso eindringlich erklärt hat, dass es seiner Ansicht nach zu den Binsenweisheiten gehöre, dass es den Zeitungen in erster Linie nur darum gehe, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, weil man den Politikern nicht wirklich auf die Füße treten will. Die Schlussphase der Unterhaltung habe ich dann mit der Frage eingeleitet, was denn das eine mit dem anderen zu tun habe.
Episode 3: "Ich habe den Bericht über die 23 Cafés in Sachsen gelesen, die deutschlandweit zu den 450 besten zählen", sagte der Mann und erklärte mir weiter: "Darunter sind laut des Artikels auch zwei in Südwestsachsen." Ich bat um etwas Geduld und habe mir die Meldung, die vor einer Woche auf der Seite "Essen & Trinken" stand, auf den Bildschirm geholt. Der Mann hatte Recht: Das Café Gränitz in Chemnitz und das Kaffeehaus Müller in Plauen wurden ausdrücklich genannt. "Nun vermisse ich in dem Bericht die Angabe, wo genau das Café in Chemnitz sich befindet. Das hätte unbedingt dort stehen müssen, das erwarte ich von einer sauberen Recherche." Zunächst stimmte ich zu, dass man diese Angaben hätte machen können, aber mein Argument lautete, dass es sich nur um eine kurze Meldung gehandelt und für weitere Informationen vermutlich der Platz nicht ausgereicht habe und dass es andere Möglichkeiten gebe, sich die Anschrift zu besorgen. Der Mann bestand aber darauf, diese Information von der Zeitung (wie auch immer) zu erhalten. Also habe ich ihn gefragt, ob er schon mal in Internet nach dem Café gesucht habe, was er jedoch verneinte, weil er das jetzt aus Prinzip nicht machen wolle, obwohl er am Schreibtisch säße und der Computer eingeschaltet sei, denn seiner Ansicht nach sei die "Freie Presse" jetzt in der Schuld, ihm diese Angaben zu liefern. Etwa eine Minute lang habe ich ihm noch versucht zu erklären, was meine Aufgaben als Leserobmann sind; dann war das Gespräch beendet, zum Aktivieren der Suchmaschine bin ich nicht mehr gekommen.
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