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Männer gehen ins Bordell, warum eigentlich?

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Der Sache mal auf den Grund gehen und die wahren Ursachen aufdecken, damit sich etwas ändert und die Menschheit oder zumindest die Leute in der unmittelbaren Umgebung mit diesem Problem nicht mehr zu kämpfen haben, endlich aufatmen dürfen, weil sie jetzt ruhiger schlafen können; nichts mehr raubt ihnen die Nachtruhe, frei von bösen Bildern und angsteinflößenden Ahnungen sind ihre Träume. Gerne gebe ich zu, dass ich diesen in wohlklingende Worte und Sätze gefassten Anspruch an die Vertreter meines Berufsstandes den Lesern ans Herz lege, wenn ich sie dazu bewegen möchte, mir offen und ehrlich zu sagen, welches Ziel sie mit ihrem Anruf verfolgen und was sie genau von der "Freien Presse" erwarten, nachdem sie mir am Telefon ein Thema für eine Recherche vorgeschlagen haben. Heute bin ich mit diesem Plan an meine Grenzen gestoßen:

"Sie haben da vor einer Woche in Ihrer Kolumne ein Thema angesprochen, über das ich gern mal mit Ihnen sprechen möchte", sagte der Leser und versetzte mich damit in eine freudige Erwartungshaltung, weil ich dieses Ansinnen durchaus zu schätzen weiß, wobei ich mir gleichzeitig die Seite Leserforum vor mein geistiges Auge holte und mich an den Text mit der Überschrift "Vielleicht Nachsicht" erinnerte. Die nächste Frage hat mich aber zum einen überrascht und zum anderen dann auch etwas auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. "Können Sie mir sagen, wo das Bordell ist, von dem Sie da berichtet haben?", wollte der Mann in der Leitung von mir wissen. Mit fiel wieder ein, was ich als Beispiele für die Gründe genannt hatte, warum Leser wegen eines einzigen Artikels die Zeitung nicht mehr lesen wollten:  "Freie Presse" hatte unter anderem über die Eröffnung eines Bordells berichtet, den Klimawandel als unumstößliche Wahrheit behandelt und geschrieben, was die Angestellten eines großen Unternehmens verdienen.

Dem Anrufer ging es aber nicht darum, mit dem Wissen um den Ort das Etablissement dann auch mal aufzusuchen oder sich mit Protestplakaten vor dem Eingang zu positionieren; vielmehr wollte er, weil er sich seit Jahren mit diesem Thema beschäftigt und sich das Engagement in dieser Sache zu einer seiner Lebensaufgaben gemacht hat, mir diese Frage stellen und damit sein eigentliches Ansinnen kundtun: "Wissen Sie, warum Männer ins Bordell gehen?" Meine erste spontane Antwort darauf war diese: "Weil sie Sex haben wollen." Und damit hatte ich, ohne von dieser Konsequenz eine Ahnung gehabt zu haben, eine Diskussion mit dem Leser losgetreten, die mich fast eine Viertelstunde lang beschäftigt hat. Bei der ersten Feststellung habe ich ihm noch zugestimmt: "Sex ohne Gefühle ist doch Mist", bekannte er und fügte noch hinzu, was ich dann jedoch nicht weiter kommentiert habe: "Und dafür bezahlen, macht die Sache auch nicht besser."

Nun wollte er aber, was er auch ungefähr so formulierte, keinen moralischen Feldzug gegen die Prostitution führen und auch nicht die sicherlich bestehenden große Gefahr der Ansteckung mit Krankheiten zum eigentlichen Thema machen, sondern vielmehr sei sein Ansatz ein wissenschaftlicher: "Vermutlich hat noch nie jemand genau die Gründe hinterfragt, warum Männer ein Bordell aufsuchen. Denn wenn man dies einmal gründlich untersuchen und zum Thema einer groß angelegten Forschungsinitiative machen würde, dann käme meiner Ansicht nach ein Ergebnis heraus, auf dessen Grundlage man eine weltweite Aufklärungskampagne starten könnte, die der Prostitution den Boden unter den Füßen wegziehen und die Bordelle überall in der Welt überflüssig machen würde." Mit fiel an dieser Stelle ein, warum man dieses Gewerbe als das älteste überhaupt bezeichnet, was ich dem Anrufer auch gesagt und dies als Reaktion darauf gehört habe: "Nichts ist für die Ewigkeit." Nach den Motiven gefragt, warum er der Prostitution den Garaus machen wollte, hat er mir mehrere genannt, aber wirklich in Erstaunen versetzt hat mich nur dieses: "Wie sauberes Wasser und saubere Luft gehört Sex zu den Dingen, die jedem Menschen in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen sollten, ohne dass er dafür bezahlen muss, was im Umkehrschluss bedeutet, dass nicht der mehr Sex haben darf, der auch mehr Geld hat."

Ich habe mir Name und Telefonnummer des Lesers aufgeschrieben und ihm versichert, dass ich die Kollegen in der Redaktion über seinen Themenvorschlag informieren werde. Dann habe ich mich für das Gespräch bedankt und mich höflich verabschiedet, bevor ich das Headset abgesetzt habe und vom Schreibtischstuhl aufgestanden bin, um das Fenster weit zu öffnen, tief einzuatmen, mein Blick in die Ferne (bis zum "Plaza") schweifen zu lassen und nach langer Zeit mal wieder mein Lieblingszitat zu murmeln, es beginnt mit diesen Worten: "Space - the final frontier ..

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