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Mutti hat es geschafft, Tante Ulla leider nicht
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Diese Woche war eher arm an aufregenden Themen, wegen der mich Leser angerufen haben, aber sie war reich an ungewöhnlichen, kuriosen oder manchmal witzigen Randbemerkung in meinen Kurzprotokollen. Was ich damit meine, macht vielleicht das erste Beispiel meiner heutigen Auswahl zum Wochenausklang gut deutlich:
Episode 1: "Ich habe gerade den Artikel darüber gelesen, dass dieses Jahr viele Personalausweise auslaufen und es deswegen zu langen Wartezeiten bei den Behörden kommen könnte, wenn man seinen Pass verlängern lassen will", sagte der Mann in der Leitung meinte: "Das muss doch nicht sein, mir ist da eine Idee gekommen: Wenn man das Foto einfach mit einem aktuellen überklebt - es gibt da mittlerweile wunderbare Folien, die man auch nicht einfach wieder abzuziehen sind -, kann man sich die ganze Verlängerung doch sparen. Das Gültigkeitsdatum muss gar nicht mehr zu lesen sein, denn wenn die Maschine den Ausweis lesen kann, ist ein Betrug doch ohnehin nicht möglich."
Episode 2: "Schauen Sie doch mal aus dem Fenster", meinte eine Leserin und wartete ab, wie ich darauf reagiere. Weil mein Blick auf den Hinterhof des Verlagsgebäudes der "Freien Presse" geht, vermutete ich, dass ich die Seiten wechseln und ins Büro meines Chefs gehen müsse, um auf die Straße und den großen Platz vor dem Marx-Kopf gucken zu können. Ob ich das tun soll, fragte ich die Frau in der Leitung, sie wirkte ungehalten, als sie wiederholte: "Sie sollen doch einfach nur aus dem Fenster sehen, das kann doch nicht so schwer sein." Also tat ich ihr den Gefallen: "Ich gucke." "Was sehen Sie?" "Geparkte Autos?" "Was noch?" "Häuserfassaden." "Was noch?" (Vier weitere Antworten dauerte es, bis ich das Ziel der Anruferin erreicht hatte.) "Es regnet." "Eben, und jetzt legen Sie sich bitte die Titelseite der heutigen Ausgabe der Zeitung auf den Schreibtisch, schauen sich links unten und den Wetterbericht an: Sonne und leichte Bewölkung." "Und?" "Das ist gerade der dritte Platzregen innerhalb von zwei Stunden." "Was wollen Sie mir damit sagen?" (Natürlich war mir klar, was die Frau meinte, aber das Gewinnen von Zeit erachte ich als gutes Mittel, um mir eine passenden Antwort auf die Kritik an der Arbeit der Meteorologen zu überlegen; diesmal ging mein Rezept nicht auf.) "Ach, was soll's, das hat doch alles keinen Zweck", sagte die Leserin und legte auf.
Episode 3: Dieser Leserin ging es um den Artikel mit der Überschrift "Serien-Einbrecher muss 18 Monate hinter Gitter": "Ich lese die Überschrift, schaue mir das Foto darunter an und denke: So sieht er also aus, der Verbrecher. Dann lese ich den Bericht und stelle fest, dass es sich bei dem Foto nicht um den Einbrecher handelt, sondern um den Mann, der den Räuber gestellt und der Polizei übergeben hat", sagte sie, holte tief Luft und fügte hinzu: "Aber das kann man doch nicht machen, stellen Sie sich mal vor, jemand liest nur die Überschrift und schaut sich nur das Foto an, dann denkt er doch auch, den Verbrecher zu sehen, und schon hat dieser ahnungsloser Mann seinen Stempel weg." Etwa fünf Minuten lang habe ich mit der Anruferin darüber diskutiert, dass man meiner Ansicht nach den Leser nicht aus der Verantwortung nehmen kann, den ganzen Artikel zu lesen, bevor man sich eine Meinung bildet. Dieser Kommentar hat mich dann aber doch irritiert: "Da muten sie den Leuten aber ganz schön viel zu."
Episode 4: Besonders beliebt bei Lesern ist es, Politiker nicht beim Namen zu nennen, sondern ihnen entweder selbst einen Spitznamen zu geben oder einen bereits geläufigen zu übernehmen. Immer wenn das der Fall ist, mache ich mir die Mühe und gebe den Spitznamen in die Suchmaschine (Bilder) ein. Dann erfahre ich, ob die scherzhafte Bezeichnung seine Berechtigung hat, noch aktuell oder besonders originell ist oder warum ich, wenn ich das nicht tue, darüber schmunzeln sollte. Tatsächlich erscheint beispielsweise als erstes Bild ein Foto von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wenn ich "Mutti" eingebe. In dieser Woche habe ich nach mehreren Unterhaltungen mit Anrufern, die einen Spitznamen als Synonym für einen Politiker verwendet haben, solch einen Test gemacht mit folgenden Ergebnissen: Nach der Eingabe von "Erzengel" bin ich (auch bei den Ergänzungen mit "Minister" und "Wirtschaft" auf kein einziges Foto von Sigmar Gabriel gestoßen. Auch die Wortkombination "Tante Ulla" führte nicht dazu, dass die Suchmaschine mir Bilder von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zeigte. Erstaunt aber war ich, dass ich viele Fotos vom Bundespräsidenten sah, nachdem ich "Bundesgauck" eingegeben hatte, nur um etwas später festzustellen, dass allein die zweite Worthälfte dafür verantwortlich war, mir Bilder von Joachim Gauck zu zeigen. Bei dieser Gelegenheit habe ich mal wieder die Wörter "Freie" und "Presse" mit dem Wort "Kummerkasten" kombiniert, in die Bildersuche eingegeben und aufgeatmet: Keine Treffer, noch ist es nicht soweit.
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