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Der alte Mann und seine Botschaft: Nie wieder Krieg

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Mit einer ebenso ungewöhnlichen wie originellen Bitte hat sich heute ein 84-jähriger Leser an mich gewandt. Zunächst hat er mir dies erklärt: "Ich habe kein Internet, aber weil meine Enkel mich häufiger mit ihren Klappcomputern besuchen, weiß ich, was Mails sind, und dass man mit ihnen ganz einfach Briefe an viele verschiedene Personen gleichzeitig verschicken kann", sagte er und hatte damit, weil ich das Thema "Senioren und Internet" mag und gern etwas Neues dazu erfahre, meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Dann - noch bevor er mir sein eigentliches Anliegen nannte - hat er mir eine Frage gestellt: "Müssen Sie jeden Artikel ausschneiden, wenn Sie ihn verschicken wollen?" Einen Moment lang habe ich darüber nachgedacht, ob ich dem Mann erklären soll, was der Anhang einer Mail ist, wie leicht ich pdf-Datein von Artikeln und Seiten herstellen kann und dass es nur Sekunden dauert, um sie über die Datenautobahn auf die Reise zu den Empfängern zu schicken. Ich habe darauf verzichtet, vielmehr habe ich gesagt: "Nein, muss ich nicht, es geht schnell, kostet nur wenig Zeit und überhaupt kein Geld." Der Leser war erleichtert, denn er sagte: "Das freut mich, denn ich möchte Sie um einen großen Gefallen bitten, es ist eine Herzensangelegenheit, muss ich gestehen." Innerlich bereitete ich mich darauf vor, wie das schon häufiger der Fall bei meinen Gesprächen am Telefon war, mit wenigen Klicks einen Anrufer aus einer vermeintlichen Notlage zu befreien, weil ich im Netz die gewünschte Information beschaffen konnte. Aber es kam ganz anders, dieser Leser wollte mehr, nicht weniger als ein Beitrag für den Frieden in der Welt war sein Anliegen.

"Ich habe heute auf der Kulturseite den Beitrag gelesen, dass morgen die Serie mit dem Abdruck der Feldpostbriefe zu Ende geht", sagte er und fügte hinzu: "Ich habe alle Artikel gelesen, das war eine ganz wunderbare Idee, damit dem 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs zu gedenken." Zwar sei er etwas traurig, weil es keine weiteren Fortsetzungen dieser Reihe mehr gebe, aber während es an diesen Gedanken gewöhnt habe, auf diese Lektüre künftig verzichten zu müssen, sei ihm etwas Anderes bewusst geworden. "Die Bundesregierung hat doch gerade entschieden, Waffen in den Irak zu schicken, damit sich die Kurden besser gegen diese Terrororganisation verteidigen können", sagte der alte Mann. "Weil ich als Kind und Jugendlicher den Krieg hautnah erlebt habe und mit ansehen musste, welch grausames Leid die Menschen erleiden müssen, weil Gewehre schießen, Bomben fallen, Minen explodieren und Raketen einschlagen, bin ich schon immer gegen jeder Art von militärischer Gewalt gewesen", erzählte er mir weiter. Deshalb verurteile er auch diese Waffenlieferung auf schärfste. "Gewalt erzeugt immer Gegengewalt, das war immer so, das wird auch niemals anders sein." An dieser Stelle hatte ich noch immer keine Ahnung, was ich für den Anrufer tun kann, weshalb ich ihn nicht unterbrach und er weiter reden durfte: "Beim Frühstück heute Morgen ist mir dann plötzlich klar geworden, was ich tun möchte, aber nicht tun kann, weil ich kein Internet habe und dies von meinen Enkeln nicht verlangen möchte, weil die ihren Kopf für ihre eigenen Sachsen schon genug strapazieren müssen." Und schließlich bat er mich um diesen Gefallen:

"Bitte schicken Sie doch alle 89 Artikel mit den Feldpostbriefen an jeden einzelnen Abgeordneten des Deutschen Bundestags mit der freundlichen Aufforderung, sich mit Hilfe dieser Lektüre davon zu überzeugen, was Krieg für die Menschen bedeutet und welche Ängste allein die Vorstellung auslösen kann, dass wieder zu den Waffen gegriffen werden soll und dass Gewehre aus Deutschland irgendwo auf der Welt wieder Menschen totschießen."

Einige Sekunden lang war ich sprachlos; dieser eine Satz hat auf den Punkt gebracht, weshalb in den vergangenen Wochen mich mehr als zwanzig Leser angerufen haben mit dem einen Ziel, mir diese Botschaft ans Herz zu legen, damit ich sie weiterleite und möglichst viele Menschen davon erfahren: Nie wieder Krieg.

Ob und wie ich den Wunsch dieses 84-jährigen Anrufers erfüllen kann, werde ich mir noch überlegen, aber ich weiß, das dies ein Anfang ist: Bei sich jeder mir bietenden Gelegenheit werde ich in den nächsten Wochen und Monaten in Mails und Briefen darauf hinweisen, dass man alle Artikel der Feldpost-Reihe im Internet nachlesen kann, um sich davon zu überzeugen: Kriege kennen keine Gewinner, Gewalt kennt immer nur Verlierer.

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