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Fasching? Ganz klar, für mich ist er ...

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Woran es liegt, weiß ich nicht, aber seit einigen Wochen häufen sich bei mir zwischen zehn und zwölf die Gewissensfragen, mit denen ich konfrontiert werde, weil Leser über ein Thema sprechen wollen, das für sie selbst darauf hinausläuft, von einem besonderen Verantwortungsgefühl zu sprechen. Eine Leserin sprach es beispielsweise heute direkt so aus, als sie von mir wissen wollte: "Darf man in einer Zeit, in der auf der ganzen Welt menschenverachtende Kriege geführt werden und viele Menschen dabei sterben oder auf der Flucht vor dieser sinnlosen Gewalt sind, ruhigen Gewissens noch Fasching feiern?" Angerufen hatte sie mich, weil sie einen Artikel über die Eroberung eines Rathauses durch das Narrenvolk mit anschließender Schlüsselübergabe gelesen hatte. Allerdings konnte ich ihr nicht weiterhelfen und die Frage auch nicht beantworten, weil ich eine eigene Meinung zum Karneval habe: "Überbewertet und nicht wirklich fruchtbar für das gesellschaftliche Zusammenleben", habe ich gesagt; wohl wissend, dass ich die Wörter mit einer viel drastischeren Aussage, die ich zunächst auf den Lippen hatte, für mich behalten habe.

Dann hat sich eine Urgroßmutter (weit über 80) an mich gewandt, nachdem sie den Artikel "Gut, dass es eingefrorene Eizellen gibt" innerhalb unserer Reihe "Einspruch" gelesen hatte, denn ihrer Ansicht nach sollten Frauen jenseits der 40 sich fragen, ob sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren können, dass ihr Kind dann später mal aus der Schule kommt, während sie selbst dann bereits das Rentenalter erreicht haben. Und vor allem: "Wenn ein 45-Jährige eine Tochter zur Welt bringt und diese ihr nacheifert, wird sie vielleicht mit 90 Jahren Oma", formulierte sie ihren Einwand und erzählte mir weiter, welche Freude ihr die Urenkel im Grundschulalter bereiten.

Natürlich bin ich auch persönlich in diesen Tagen auf mein eigenes Gewissen angesprochen worden, wobei ich jetzt leider schwach werde und noch einem von dem Thema "Die wilde Ehe des Herrn G." anfangen muss. Ein Mann fragte mich heute, nachdem wir minutenlang diskutiert und tatsächlich dann sogar gestritten hatten, ganz direkt: "Und das können Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren?" Vorangegangen war, weil ich irgendwann einfach kein Blatt mehr vor dem Mund nehmen wollte, meine (ich gebe zu) etwas provozierende Feststellung: "Auch ein Bundespräsident darf außerehelichen Sex haben." Dass mein Gewissen damit keine Probleme hat, wollte der Mann in der Leitung mir nicht glauben, während eine andere Anruferin nur wenige Minuten später nach einer ähnlichen Formulierung mich fragte: "Haben Sie überhaupt keinen Anstand?"

Und dann gibt es da noch diesen einen Leser, der mir wöchentlich durchschnittlich drei bis vier Briefe schreibt und der dafür bekannt ist, was mir immer wieder dann Anrufer bestätigen, wenn eine seine Ansichten es tatsächlich auf die Seite Leserforum schafft, dass er aus seiner ausgeprägten Affinität für das Leben in der DDR im Allgemeinen und dem Sozialismus im Besonderen keine Geheimnis macht. Er fühle sich in der Tat diskriminiert, weil ich seine politischen Ansichten nicht jedes Mal veröffentliche, weshalb er mir dies ans Herz legte: "Wenn Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren können." Meine Antwort darauf: "Ich kann."

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