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Ein Leser meint: Mein NSU ist klasse
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"In was für einer Welt leben wir eigentlich?", wollte eine Leserin von mir wissen, die mich angerufen hatte, weil ihr "diese schrecklichen Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen". Dies war eins von insgesamt vier Gesprächen mit Anrufern, die meine Nummer gewählt hatten, um mir ihre Meinung zu den schweren Krawallen zwischen Aktivisten der kapitalismuskritischen Blockupy-Bewegung und der Polizei in Frankfurt zu sagen. Dabei stießen durchaus auch kontroverse Ansichten aufeinander, nur in einem Punkt waren die Leser und ich uns am Ende der Gespräche stets einig: Gewalt ist niemals eine Lösung und darf aus keinem Grund das Mittel der Wahl sein, um ein Ziel zu erreichen. Was sonst noch in dieser Woche zwischen zehn und zwölf bei mir eine Randnotiz wert war:
Episode 1: "Immer wenn ich Berichte über den NSU lese, rege ich mich fürchterlich darüber auf, und deshalb habe ich Sie jetzt mal angerufen, damit ich meiner Seele mal Luft verschaffen kann", erklärte mir ein Anrufer zu Beginn des Gesprächs, und ich machte mich innerlich bereit auf eine vermutlich eher schwierige Unterhaltung über den Nationalsozialistischer Untergrund und den Prozess dazu in München. Doch es kam ganz anders: "Ich habe ein altes Motorrad der Marke NSU, echt klasse und in einem tollen Zustand, und ich rege mich immer auf, wenn ich diese Abkürzung in Zusammenhang mit dieser rechten Terrorgruppe lese", meinte der Mann in der Leitung. Helfen konnte ich ihm in diesem Fall nicht, das Gespräch war dann auch bald schon beendet. Ich habe mich anschließend im Netz schlau gemacht: Bis Ende der siebziger Jahre wurden Autos und Motorräder der Marke NSU gebaut; entsprechend dem Stammsitz des Unternehmens ist dies eine Abkürzung für Neckarsulm.
Episode 2: Ein Leser hat mich angerufen, weil es von mir wissen wollte, da er im Formulieren von Sätzen nicht so gut sei und immer seine Probleme damit habe, ob er in einem Leserbrief auch einen berühmten Mann zitieren dürfe, denn besser als dieser könne man sein Haltung nicht auf den Punkt bringen. Weil ich danach gefragt hatte, las er mir die Passage aus einer Rede erst einmal vor: "Das politische System unseres Landes beruht auf Annahmen, die mit der Lebenswirklichkeit nicht länger vereinbar sind; auf der Annahme nämlich, dass ein stets exponentielles Wachstum der materiell verfügbaren Ressourcen, des materiellen Bruttosozialproduktes, dauerhaft möglich ist. Sämtliche seiner wesentlichen Grundlagen, Strukturen, Verhaltensweisen und Erwartungen sind durch diese Annahme inhaltlich geprägt. Sein Geldsystem und die Marktwerte der Güter- und Dienstleistungen beruhen auf ihr ... Wer die Möglichkeit dauerhaften exponentiellen Wachstums leugnet, gefährdet deshalb das gegenwärtig reale demokratische Herrschaftssystem ebenso wie die Beweise Galileis das damalige Herrschaftssystem der Kirche gefährdeten." Anschließend fragte er mich: "Und, wie finden Sie das?" Geantwortet habe ich: "Geistreich und auf jeden Fall aktuell." Dann hat er mir den Verfasser dieser Zeilen verraten: Kurt Biedenkopf im Jahr 1992 bei einer Physikertagung in Berlin. Leider aber musste ich den Anrufer enttäuschen: "Aber vielleicht können Sie versuchen, den Inhalt dieser Sätze mit eigenen Worten wiederzugeben", versuchte ich ihn zu trösten, weil ein Leserbrief nicht aus nur einem Zitat bestehen darf.
Episode 3: Das heutige Gedicht der Woche (wie immer nur in meinem Blog) ist eigentlich angesichts der Zahl an Strophen eher eine Ballade, weshalb ich mich darauf beschränken möchte, nur drei zu zitieren:
Einst, man nannte es Ost und West,
zwei ganz verschiedene Fronten.
Im Osten hielt man die Menschen fest,
die "Großen" sich in westlichem Komfort oft sonnten.
Es kam der Tag, die Mauer fiel,
man konnte es kaum fassen.
Noch glaubte man, es sei ein Spiel,
noch war es da, dieses ewige Hassen.
Viele ließen an der Grenze ihr Leben
für Freiheit wollten sie alles geben.
Doch was hatte dies alles für einen Sinn,
ihr viel zu junges Leben war für immer dahin.
Christine K.
Episode 4: Zu der Nachricht, dass Wladimir Putin schon seit Tagen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen worden sei, erreichte mich dieser Hinweis: "Putin ist nicht verschwunden. Er ist nur zur Schönheitschirurgie und lässt sich die Lachfalten rausoperieren, die er im Umgang mit der Ukraine erhalten hat, weil er die ganze Welt zum Narren halten konnte."
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