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Die liebe Zeit und der teure Kuchen

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Leider hatte ich vergessen, dass ich mich vor einem Jahr dazu entschlossen hatte, den Freitag vor dem Samstag, an dem die Uhren eine Stunde vorgestellt werden, nicht zu arbeiten und mir den Tag mit wohltuenden Freizeitaktivitäten angenehmer zu gestalten. Den Grund möchte ich nicht verschweigen, gerade weil ich heute am Schreitisch saß und mit Lesern über dieses Thema gesprochen habe: Die Zeitumstellung ist ebenso unnötig wie mit negativen Auswirkungen für die Menschen behaftet, meinen jedes Jahr und auch heute wieder Anrufer, die deshalb auf die Idee gekommen sind, meine Nummer zu wählen und mich aufzufordern, die Kollegen in der Redaktion endlich mal dazu zu bewegen, sich mit Artikeln und Kommentaren für die Abschaffung einzusetzen.  So weit, so gut, aber heute war es noch schlimmer und mehr Anrufer als in den Jahren zuvor haben sich gemeldet, weil das "böse" Wort an exponierter Stelle in der Zeitung zu lesen war: Der Artikel stand auf der Titelseite der Beilage "Wochenende" und trug die Überschrift "Langes Söhne und Töchter"; es ging eigentlich gar nicht um die Zeitumstellung, aber im Vorspann war dieser Satz zu lesen: "Am Sonntag stellen wir die Uhren wieder auf die Sommerzeit ein." Bei meinen Randnotizen zum Wochenausklang darf der erste Leser zu diesem Thema (10.04 Uhr) stellvertretend seine Kritik dazu äußern:

Episode 1: "Jedes Jahr rufe ich Sie an, jedes Jahr fordere ich Sie auf, endlich dafür einzutreten, dass man diesen Schwachsinn wieder abschafft", sagte ein Mann in der Leitung und brachte die Kernaussage seines Unmuts mit einer Frage auf den Punkt: "Und jetzt frage ich Sie, was haben Sie erreicht?" Ich hätte antworten können, vielleicht sogar wollen, aber die Chance nahm mir der Anrufer mit diesem Hinweis: "Ich werde es Ihnen verraten: Nichts, rein gar nichts ist passiert, und die Zeitung fühlt sich nicht mal auf den Plan gerufen, etwas in die Wege zu leiten." Dann habe ich noch einen weiteren Fehler begangen: "Haben Sie heute in der Zeitung auch den Artikel 'Viele Deutsche gegen Zeitumstellung' gelesen?", habe ich ihn gefragt und diese Antwort bekommen: "Jetzt machen Sie sich aber echt ein bisschen lächerlich, das stand auf der Kinderseite."

Episode 2: Seit Wochen melden sich Leser bei mir, weil sie seit Jahresanfang unter den unterschiedlichsten Auswirkungen des Mindestlohns zu leiden haben; es sind fast ausnahmslos konstruktive Gespräche über die Folgen dieses neuen Gesetzes, was schon mehrfach dazu geführt hat, dass ich meine Kollegen in der Redaktion über Hinweise von Anrufern informiert habe mit der Bitte, sie doch bei einer der nächsten Recherchen zu diesem Thema eventuell zu berücksichtigen. Auch diesen Vergleich, den mir eine Leserin zukommen lassen hat, weil sie als Begründung für die Veränderung auf die Einführung des Mindestlohns verwiesen worden sei, möchte ich nicht für mich behalten: Am 1. November vergangenen Jahres haben in einer Bäckerei in Chemnitz die 429 Gramm eines Butter-Streuselkuchens 2,57 Euro gekostet; das entspricht einem Kilogrammpreis von sechs Euro. Am 23. März dieses Jahres hat die Frau in derselben Bäckerei für 407 Gramm Butter-Streuselkuchen 4,07 Euro bezahlt; zehn Euro würde das Kilogramm kosten. Nach Meinung der Leserin geht es hier nicht darum, dass die Beschäftigten mehr Geld in der Lohntüte haben, sondern die Unternehme würden die Chance zur Profitmaximierung ergreifen.

Episode 3: Dass mich Leute anrufen, weil sie sich über das Radio- oder Fernsehprogramm ärgern, weil sie einfach nur mal ein Ventil brauchen und auch weiterreden wollen, obwohl ich sie darauf hingewiesen habe, dass ich nicht der richtige Ansprechpartner bin und leider wenig für sie tun kann, ist keine Seltenheit, so durchschnittlich ein Leser in der Woche hat aus diesem Grund meine Nummer gewählt. Normalerweise gibt es selten Anlass, dass ich hier über solche Gespräche berichte. Nur von diesem einen vor ein paar Tagen möchte ich kurz erzählen. "Ich wollte mich beim MDR darüber beschweren, dass ich das Angebot an Sendungen und Filmen in den Abendstunden nicht gut finde, es könnte bunter und interessanter sein, häufig wäre nichts für mich dabei und ich würde mich langweilen", erzählte mir ein Anrufer von seinen Bemühungen, Gehör zu finden bei dem Sender. Von seinem Anliegen berichte ich hier nur, weil ich die Antwort interessant fand, die eine MDR-Mitarbeiterin ihm seinen Worten zufolge gegeben hatte: "Dann schieben Sie doch eine DVD rein oder lesen mal wieder ein gutes Buch."

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