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Was im Panzer alles passieren kann ...
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Die Fähigkeit zum Staunen ist Voraussetzung dafür, über das reine Wissen aufgrund von Erfahrungen hinaus die Welt verstehen und ihr allein mit dem Verstand die Geheimnisse unserer eigenen Existenz entreißen zu können. Keine Panik: Es folgt jetzt keine Exkurs in philosophische (Un-)tiefen. Nur muss ich manchmal an diese Erkenntnis denken, die mein erster Philosophielehrer mir vor 40 Jahren mit auf dem Lebensweg gegeben hat, wenn ich meine Randnotizen aus den Protokollen der Gespräche mit Lesern zum Wochenausklang formuliere. Heute war dies mal wieder der Fall:
Episode 1: Es gibt eine Kategorie von Lesern, die ich (bis zu diesem Blogeintrag allerdings nur in meinem Kopf) als "TT" einordne und die nahezu täglich nichts unversucht lassen, sich mir wieder mal in Erinnerung zu bringen. Diese Abkürzung steht für "thematische Trittbrettfahrer"; das sind Personen, die sich für eine ganz bestimmte Sache engagieren und die deshalb (durchaus mit viel Geschick) jede gerade diskutierte Problematik daraufhin überprüfen, ob man damit nicht auch mal wieder auf das eigene Thema hinweisen und es so erneut in den Blickpunkt öffentlichen Interesses rücken kann. Wenn meine Kollegen über internationale Popstars schreiben, rufen mich Leute an, die seit Jahren dafür kämpfen, dass im Radio mehr deutschsprachige Lieder zu hören sind, während jeder Bericht über die wichtige Bedeutung des Tierschutzes dafür sorgt, dass Abtreibungsgegner sich bei mir melden, weil sie den Schutz ungeborenen Lebens als ein viel wichtigere Angelegenheit erachten, über die "Freie Presse" berichten sollte. Das aktuelle Beispiel: Der Artikel trug die Überschrift "Im Vorjahr fast 270 Sachsen bei Hundeangriffen verletzt?, und es ging unter anderem darum, dass einer aktuellen Studie zufolge überdurchschnittlich oft Kinder gebissen werden. Ein Leser teilt mir seine Meinung dazu mit: "Darf ich Sie darauf hinweisen, dass allein in Sachsen jährlich im Straßenverkehr ca. 200 Menschen getötet und Tausende verletzt oder gar schwer verletzt werden. Gewiss, jeder Hundebiss insbesondere an Kindern, ist einer zu viel. Aber Hunde haben keine Lobby wie die allmächtige Automobilindustrie. So wird das Geschehen auf den Straßen letztlich von der Gesellschaft als unvermeidlicher Kollateralschaden toleriert, der hinzunehmen ist. Es lebe die ?heilige Kuh? Mobilität, gleichsam als Synonym für die Freiheit."
Episode 2: "Was ich Ihnen jetzt erzähle, werden Sie mir vermutlich nicht glauben", sagte ein Leser und berichtete mir dies: Im Fernsehen habe er einen Bericht gesehen, dass sich die für dieses Jahr geplante Auslieferung des Schützenpanzers Puma auch deshalb verzögern werde und die Kosten weiter in die Höhe schießen würden, weil eine technische Nachrüstung erforderlich ist, damit hochschwangere Frauen bei einem Einsatz nicht Gefahr laufen, dass ihre Fruchtblase platzt und der Zeitpunkt für die Geburt nur noch eine Frage von Stunden ist. "Sie haben Recht, das klingt eher nach einem Aprilscherz", habe ich geantwortet, aber dem Mann in der Leitung gleichzeitig zugesichert, der Sache mal nachzugehen. Und was soll ich sagen: Das Ergebnis meiner Recherche mit den Begriffen "Schützenpanzer" und "Hochschwangere" in der Suchmaschine sorgte dafür, dass ich aus dem Staunen nicht mehr herauskam. Als Beispiel möchte ich nur einen Artikel in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" anführen, er trug die Überschrift "Schwangerenschutz beim Panzerfahren".
Episode 3: Manchmal konfrontieren mich Leser mit Sätzen, die mich angesichts ihrer kühnen Behauptung sprachlos machen, weshalb ich dann, während ich dann in Ruhe darüber nachdenken kann, immer bedaure, dass gerade niemand da ist, mit dem ich darüber diskutieren kann. Deshalb bin ich dazu übergegangen, sie zumindest aufzuschreiben, um sie bei eventuellen Diskussionsrunden beispielsweise im Kollegenkreis mal zu zitieren, weil ich gespannt auf die Reaktionen bin. Drei Beispiele, diese Thesen haben Leser vertreten:
Erstens: "Karl May schrieb um 1900 gegen den damals schon anwachsenden Rassismus, plädierte für die Verständigung der Völker. Hätten die Deutschen auf ihn gehört, hätte es die beiden Weltkriege vielleicht nicht gegeben."
Zweitens: "In der DDR wurde die Bevölkerung ernst genommen , sonst hätte es keine Wiedervereinigung gegeben."
Drittens: "Die Forderung nach einen einfacheren Steuersystem ist nicht durchsetzbar, weil gerade das Klienteldenken aber auch das Bewahren von Besitzständen dagegen spricht. Welcher Steuerberater macht sich selber gern schon beruflich überflüssig und welcher Bürger verzichtet schon freiwillig auf seine gesetzlich möglichen Abschreibungsmöglichkeiten um Steuern zu minimieren?"
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