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Allein das Wort reicht aus
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Es gibt eine ganze Reihe von Stichwörtern, die auf meinem internen Index stehen, weil ich bereits am frühen Morgen (zwischen 6.05 und 6.55 Uhr) bei der Lektüre Zeitung weiß, wenn ich sie in einem Artikel lese oder sie sogar für das zentrale Thema einer Reportage stehen, dass mich garantiert Leser zwischen zehn und zwölf anrufen, um ihre Kritik loszuwerden oder mit mir über dieses Thema zu sprechen. Nicht immer ist der Anlass auch Grund für Heiterkeit oder unterschwelligem Humor, denn es kommt allzu oft auch vor, dass die Ansicht der Leute in der Leitung mich eher nachdenklich, manchmal sogar traurig stimmt. Insofern war dies heute ein besonderer Tag, denn zum einen gab es gleich drei dieser Reizwörter in der aktuellen Ausgabe der "Freien Presse" und zum anderen wurden sie mir mit der ganzen Bandbreite an unterschiedlichen emotionalen Untertönen vorgetragen.
Episode 1: In dem Artikel "Sommerzeit – mehr Belastung als Nutzen?" auf der Seite "Aus aller Welt" war das Wort "Zeitumstellung" zu lesen, was zwei Anrufer bewogen hatte, obwohl der Bericht mehr oder weniger eindeutig als ein Plädoyer für die Abschaffen zu interpretieren war, trotzdem mich anzurufen und mir zu erklären, warum sie auch dafür sind, die Sommerzeit als alleinige Zeit beizubehalten und die Normalzeit im Winter ganz abzuschaffen. Ein Leserin meinte: "Wer denkt dabei eigentlich an die Kinder, die jedes Mal völlig durcheinander kommen, wenn sie bei den Umstellungen eine Stunde später beziehungsweise früher aufstehen und in die Schule müssen?" Warum sie gerade heute und nicht schon in den vergangenen Jahren mal meine Nummer gewählt hat, konnte sie mir nicht erklären, nur diesen Hinweis hatte sie für mich: "Vorhin beim Frühstück habe ich mich einfach deswegen geärgert." Ein Mann in der Leitung teilte mir mit: "Selbst mein Hund braucht mindestens eine Woche, um sich an die veränderten Fütterungszeiten zu gewöhnen." Sein eigentliches Anliegen: "Vor allem die Tiere tun mir leid."
Episode 2: In der Unterzeile des Aufmachers auf der Titelseite stand dieser Satz: "Mit Ausnahme der Kanzlerin sitzt voraussichtlich kein Ostdeutscher am Kabinettstisch in Berlin." Mir war gleich klar, dass die "üblichen Verdächtigen" es gar nicht erwarten konnten, bis es endlich 10 Uhr war, damit sie mich anrufen und (alle drei bis 11 Uhr) ausnahmslos mit einem nicht zu überhörenden Unterton der Verärgerung in der Stimme sagen konnten: "Wie oft soll ich es Ihnen noch sagen, dass Angela Merkel keine Ostdeutsche ist, sondern in Hamburg geboren wurde, was ja bekanntlich im Westen liegt." Ergänzen müsste ich vermutlich nicht, dass bei zwei dieser Unterhaltungen auch die Sprache auf die "ehemalige FDJ-Sekretärin" kam, was aber kein Widerspruch zu ihrer Herkunft sei, meinten beide Anrufer.
Episode 3: Die Überschrift der Reportage auf der Seite "Zeitgeschehen" lautete heute "Der Tod kostet 180 Euro", und es geht darin um Sterbehilfe, die Deutschland verboten ist, aber unter anderem in den Niederlanden praktiziert wird und dort auch zunehmend in Anspruch genommen wird. Das Wort "Sterbehilfe" gehört zu den Begriffen, die polarisieren, weshalb sie immer dann, wenn sie in der Zeitung zu lesen sind, Leute dazu bewegen, sich bei mir zu melden. Zwei waren es heute, beide Seiten waren vertreten. "Die Aufgabe von Ärzten ist es, Kranken zu helfen, aber keinesfalls sie ins Jenseits zu befördern", meinte ein Leser und fügte noch hinzu: "Medizinische Indikationen ausgenommen, aber sonst demographisch und politisch eine Dummheit und ein Verbrechen." Eine Anruferin meinte: "Es ist längst überfällig, dass dies auch in Deutschland möglich wird. Ich erinnere nur an die Diskussion vor drei oder vier Jahren, nachdem sich der ehemalige MDR-Intendant Udo Reiter im Fernsehen zuerst sich für das selbstbestimmte Sterben ausgesprochen hatte, bevor sich dann nur wenige Tage später selbst das Leben nahm."
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