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Ehemalig geht gar nicht

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Es gibt mal wieder ein Jubiläum zu feiern: Zum 25. Mal (seit Anbeginn der Zeit der Sprechstunde zwischen zehn und zwölf) hat sich heute eine Leserin wegen der gleichen Formulierung in einem Artikel bei mir beschwert. Zunächst zitierte ich mal den betreffenden Satz; er stammt aus der Bildunterschrift zu dem Hinweis auf die Ausstellung mit einem Querschnitt des Schaffens von Werner Klemke im Schlossbergmuseum in Chemnitz auf der Seite 6 im aktuellen Veranstaltungsmagazin "wohin": "... der zu den anerkanntesten Gebrauchsgrafikern, Buchgestaltern und Illustratoren in der ehemaligen DDR zählte." Und? Die kritische Formulierung erkannt? Kleiner Tipp noch, denn dies war vor einigen Wochen der Satz, der zum 24. Mal einen Leser veranlasst hatte, mich anzurufen: "Die Westpakete wurden insbesondere in der Vorweihnachtszeit von Bundesbürgern an Bekannte und Verwandte in der ehemaligen DDR verschickt und enthielten viele Produkte, die dort nicht verfügbar waren ..." (Damals hatte ich den Blogeintrag mit der Überschrift "Die Seele, sie bleibt empfindsam" zu diesem Problem geschrieben.) Also, ich formuliere es mal als Bitte an meine Kollegen: Liebe Redakteure, seid Euch dessen bewusst, dass immer dann, wenn ihr von der "ehemaligen" DDR schreibt, ganz viele Leute gibt, die das gewaltig in die Nase fährt, weil die Existenz der DDR eine historische Tatsache ist und es des Zusatzes "ehemalig" nicht bedarf beziehungsweise er als abwertendes beziehungsweise geringschätzendes Attribut verstanden wird. In den ersten beiden Jahren als Leserobmann habe ich die Formulierung verteidigt und unter anderem als Beispiel angeführt, dass ich mich kürzlich mit meiner ehemaligen Freundin getroffen habe, wobei hier das Wort wichtig ist, weil eine aktuelle Freundin es falsch verstehen könnte, wenn ich es weglassen würde. Aber dass der Vergleich mehr als hinkt, habe ich dann schnell einsehen müssen.

Bemerkenswert war heute noch der Hinweis eines anderen Anrufers, der sich wegen der Leserbriefe unter der Überschrift "Geht es um Aufklärung oder um Profit?" auf der Seite "Leserforum" zu der aktuellen Diskussion, ob die Informationen auf der Internetseite einer Ärztin zu der Möglichkeit einer Abtreibung in iher Praxis als unerlaubte Werbung für den Schwangerschaftsabbruch angesehen und deshalb strafrechtlich verfolgt werden muss. Der (ich betone) Mann meinte: "Die Zuschriften zeigen wieder mal, dass zum Thema Abtreibung wir Männer die Stärke besitzen und die die Klappe halten sollten."

Manchmal sind Leser bei der Wahl der Vergleiche, mit denen sie ihre Meinung verständlicher und nachvollziehbarer machen wollen, nicht gerade zimperlich. Das gilt auch für diesen, der mir zuerst dies mitteilte, bevor er zur Kernaussage seiner Haltung in dieser Sache kam: "Im Mittelalter gab es für Betrug und Schwindel empfindliche Strafen etwa für Bäcker, die in betrügerischer und verbrecherischer Absicht gegen geltendes Recht verstoßen und beispielsweise zu kleine Brötchen gebacken hatten. Belegt ist die sogenannte Bäckertaufe. Hierbei wurde der straffällige Bäcker in einen Käfig aus Holz gesetzt und mittels einer hebelartigen Vorrichtung mehrere Male unter Wasser getaucht. Im Mittelalter noch gefürchteter war die entehrende Strafe, an den Pranger gestellt zu werden, also den Mitbürgern und Kunden öffentlich als Verbrecher oder Betrüger vorgeführt zu werden." Und, schon eine Idee, um welche aktuelle Diskussion es gerade geht? Hier die Aufklärung, der Leser geht nämlich davon aus: "Wenn man die betrügerischen Praktiken der Autobranche sieht, kommt einem unwillkürlich der Gedanke, solche Strafen für die hochbezahlten Bosse der Konzerne wieder einzuführen."

Kein Rekord, aber an 16. Stelle in der Liste der kürzesten Gespräche am Telefon zwischen zehn und zwölf, und deshalb auch mit Wortlaut:

"Ich möchte mich mal mit Ihnen über diese Schlampe unterhalten, über diese heute groß in Ihrer Zeitung berichten."

"Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sie verzichten auf solche abwertenden und diskreditierenden Wörter, dann können wir uns über den Artikel unterhalten, oder ich halte es für besser, wenn wir die Unterhaltung ansonsten beenden."

Tut, tut, tut ...

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