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Das Huhn und die Frage: Was tun?

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Eigentlich nervt mich das ein bisschen, aber weil ich daran nichts ändern kann, habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt: Jeden Morgen in der Zeit zwischen 6.10 und 6.55 Uhr, wenn ich in meinem Lesesessel sitze und bei einer großen Tasse Tee (immer noch Earl Grey mit Milch, selten nur Lady Grey, weil der so schwer zu bekommen ist) die Zeitung lese, richten sich in meinem Gehirn die Antennen auf, die mich (obwohl ich sie nie dazu aufgefordert habe) warnen wollen. Das bedeutet: Plötzlich durchzuckt es mein Denken und ich weiß, dass dieser Artikel oder dieses Foto mir heute wieder während meiner Sprechstunde zwischen zehn und zwölf ein paar sich deswegen beschwerende Leser bescheren wird. Heute war das wieder mal in einem besonders ausgeprägten Sinne der Fall, weil meine Alarmeinrichtungen sich mit Nachdruck meldeten, als ich das Foto sah,  und sie Recht behalten sollten. Drei ziemlich verärgerte Leser haben sich bei mir gemeldet, weil sie mit der Bildnachricht "Geschwenkte Hühner" auf der Seite "Politik" gar nicht einverstanden waren (siehe Foto oben).

Die zwei Männer und die eine Frau nannten alle den gleichen Grund für ihren Anruf, der Leser darf ihn hier aussprechen: "Das ist Tierquälerei, und sie drucken so etwas noch ab", sagte er und wollte dem eigentlich auch nichts weiter hinzufügen. Die beiden anderen beschränkten sich eigentlich auch auf diesen Hinweis. Nun ist (vor allem hier) bekannt, dass ich erstens Vegetarier bin und keine Gelegenheit auslasse, um meinen verbalen Protest gegen die Massentierhaltung auf dem gesamten Globus zum Ausdruck zu bringen. Zweitens habe ich an dieser Stelle auch schon mal erwähnt, als es um Berichte über das Schächten von Tieren ging und Leser sich deswegen tagelang und in Größenordnungen bei mir gemeldet hatten, dass ich von religiösen Ritualen, bei denen Tiere (egal auf welche Weise) getötet werden, gar nichts halte und mich von diesen Praktiken mit Nachdruck distanzieren möchte. Aber darum soll es heute nicht noch einmal gehen. Denn ich konnte (wieder mal) der Versuchung nicht widerstehen und habe die drei Leute in der Leitung diese Fragen gestellt:

"Sind sie Vegetarier?" Alle drei sind es nicht, also habe ich weiter gefragt: "Essen Sie demnach auch Geflügelfleisch?" Mit ergänzenden Worten wie "nicht so oft" oder "gelegentlich" haben die drei Leser auch hier mir gesagt, dass dies so sei. Bei der nächsten Frage wollten dann zwei schon nicht mehr antworten, weil sie offenbar merkten, worauf ich hinaus wollte und ihnen dieses Thema eher nicht besonders gefiel. "Und kaufen Sie das Geflügel auch schon mal in einem Supermarkt?" Der eine Mann gab das sofort zu, der andere und die Frau wichen (mehr oder weniger geschickt) einer Antwort aus ("Das hat doch damit überhaupt nichts zu tun" und "Warum interessiert Sie das?"), was ich aber eindeutig als Zustimmung auffassen konnte. Meine abschließende Frage war dann bei allen drei Unterhaltungen der Punkt, an dem das Ende des Gesprächs eingeleitet wurde, weil die Leute darüber nun gar nicht mit mir reden wollten: "Dann stört es Sie aber nicht, dass täglich mehrere Millionen Hühner allein in Deutschland beispielsweise zuerst durch einen Elektroschock betäubt und dann durch Blutentzug getötet werden?" Das ist für mich nicht weniger Tierquälerei als ein Huhn lebendes Huhn durch die Luft zu schwenken. Für das, was ich den drei Anrufern vorwerfe, und allen, die ähnlich denken, gibt es ein meiner Ansicht nach passenden Begriff: Bigotterie.

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