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Bis zu den Ereignissen in den vergangenen Tagen in Chemnitz und den Berichten darüber in der Zeitung war ich davon ausgegangen, dass ich diese Formulierungen, wenn überhaupt, nur noch vereinzelt und in größeren Abständen bei den Gesprächen mit Lesern zwischen zehn und zwölf zu hören bekomme. Aber ich habe mich getäuscht, denn gestern und heute hatte ich insgesamt sieben Leute in der Leitung, die an den unterschiedlichsten Stellen in ihren Meinungsäußerungen, aber mehrmals eben auch gleich zu Anfang, gesagt haben: " Ich bin kein Rechter, aber ..." oder in der verschärften Form "Ich bin kein Nazi, aber ..." Schon vor drei Jahren bin ich dazu übergegangen, mit den Anrufern nicht mehr über das, was sie mir über ihre Haltung zur Flüchtlingssituation und Asylpolitik in Deutschland  zu sagen haben, zu diskutieren, sondern ihnen nur noch zuzuhören und zu bestätigen, dass ich meine Kollegen in der Redaktion über ihren Anruf informieren werde. Auch an diesen zwei Vormittagen hat kein einziger Leser bei mir angerufen, der eine gegenteilige Auffassung hatte und diese mir mitteilen wollte; warum auch immer, ich werde das nie verstehen. Verschweigen möchte ich aber nicht, dass ich heute um kurz vor zwölf (bei der Verwendung dieser Formulierung bitte ich angesichts der Schroffheit um Nachsicht) mal wieder die Nase gestrichen voll hatte von dem, was bei mir an mit viel emotionaler Härter vorgetragener Hass angekommen ist.

Bei den Mails, die mich zu diesem Thema erreicht haben, sieht es jedoch anders aus. Denn darunter waren vier von Lesern, die das, was beide Lager an Gewaltpotenzial freigesetzt hatten, aufs schärfste verurteilt haben. Weil auch diese Meinungen eventuell noch als Leserbriefe veröffentlich werden, möchte ich nicht vorgreifen und den Inhalt hier erst einmal nicht wiedergeben. Nur zwei Absender haben mir Zitate geschickt; und diese gebe ich gern wieder, weil sie mir ein bisschen von meinem inneren Gleichgewicht wiedergegeben haben.

Eine Leserin schrieb:

Mir fällt dazu nur noch der Ausspruch von Julius Fučík ein, den der tschechische Publizist  und Kommunist kurz vor seiner Hinrichtung auf einem Zettel aus seiner Gefangenschaft bei den Faschisten schmuggeln konnte: „Lidé, měl jsem vás rád. Bděte!“ („Menschen, ich hatte euch lieb, seid wachsam!).

 

Ein Leser zitierte ein Gedicht von Peter Härtling:

"Wenn jeder eine Blume pflanzte,  

jeder Mensch auf dieser Welt,  

und, anstatt zu schießen, tanzte  

und mit Lächeln zahlte statt mit Geld -  

wenn ein jeder einen andern wärmte,  

keiner mehr von seiner Stärke schwärmte,  

keiner mehr den andern schlüge,  

keiner sich verstrickte in der Lüge,  

wenn die Alten wie die Kinder würden,  

sie sich teilten in den Bürden,  

wenn dies wenn sich leben ließ,  

wär’s noch lang kein Paradies -  

bloß die Menschenzeit hätt angefangen,  

die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen."

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