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Nachdenken über weise Worte
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Manche Leser versuchen mich, wenn sie mir ihr Anliegen vortragen, mit einer Formulierung, die nach viel Weisheit und großem Wissen klingen soll, zu beeindrucken und auf diese Weise ihrem Wunsch mehr Nachdruck zu verleihen, damit ich geneigt bin, ihrer Bitte auch nachzukommen. Seit ein paar Jahren habe ich auch für diese Sätze einen eigenen Ordner angelegt, in dem ich die vermeintlich klugen Erkenntnisse aufliste, weil man schließlich nie weiß, ob man sie nicht irgendwann mal gebrauchen kann. In dieser Woche nach der Landtagswahl ist diese Sammlung überdurchschnittlich angewachsen, wobei ich allerdings nicht weiß, woran das genau gelegen haben könnte; es sind eben, denke ich, in diesen Tagen und Wochen gerade außergewöhnliche Zeiten. Beispielsweise meinte ein Leser, der mit diesem Hinweis einer möglichen Veröffentlichung seines Briefes auf der Seite "Leserforum" mehr Nachdruck verleihen wollte, zu seiner Meinung: "Für klare Worte braucht es oft den Mut, sich auch mal unbeliebt zu machen." Widersprochen habe ich ihm nicht, zugestimmt aber, da bin ich ehrlich, auch nicht, weil er vermutlich genau darauf gewartet hat, ich ihm diesen Gefallen aber lieber nicht tun wollte, weil er sonst daraus hätte einen Anspruch ableiten können. Am Ende des Gesprächs über einen vermeintlichen politischen Eklat in unserem Land versuchte er es dann erneut mit einer (weisen) Erkenntnis: "Straftaten müssen verfolgt, aufgeklärt und geahndet werden, egal von wem, das steht außer Frage."
Dieser Anrufer hatte meine Nummer gewählt, weil er mit mir über das Ergebnis und die Konsequenzen nach der Landtagswahl sprechen wollte; seine Erkenntnis war diese, eine wirklich weise denke ich, ohne den Hintergrund näher erläutern zu müssen: "Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma wäre einer, den keiner wirklich will, weshalb ich diese Lösung für die unwahrscheinlichste halte, obwohl ich der Meinung bin, dass es ein Experiment wäre, für das es sich lohnen würde, mal etwas mutiger zu sein." Weiter erklären muss ich meiner Ansicht auch nicht diese von Weitsicht zeugende Schlussfolgerung eines Lesers: "Eine Partei schlecht machen lässt einen selbst nicht besser werden, sondern das kann einzig und alleine das bewirken, was man selber besser macht." Wie wahr, habe ich gedacht, und das dem Mann in der Leitung auch gesagt, bevor das Telefon kurze Zeit später erneut klingelte, weil eine Frau mir ihren Kommentar zu den Wahlergebnissen mitteilen wollte, den sie mit diesem (weisen) Satz einleitete: "Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient, auch die Sachsen." Nicht schlecht fand ich auch diesen Satz eines Leser, der mich wegen eines Artikels über die Bildungspolitik in unserem Land angerufen hatte, er meinte: Erst einmal die elementaren Aufgaben lösen, dann bleibt Raum für Weiteres." Den aus meiner Sicht wohl klügsten Kommentar zu den Berichten über die Auswirkungen des Wahlergebnisses hörte ich von dieser Leserin, sie meinte nämlich: "Ich verstehe die Welt nicht mehr." Obwohl ich diese Anmerkung eines Anrufers auch nicht schlecht fand, sie hat mich zumindest zum Nachdenken angeregt, es war eine Frage: "Handelt es sich hier nicht in Wirklichkeit um den Herdentrieb, einige machen es vor, und viele machen es dann nach, weil sie von der Verpflichtung befreit werden, selbst nachdenken zu müssen?" Für mich das Stichwort, den heutigen Blogeintrage mit diesem Satz zu beenden: Tut mir leid, wenn ich vor lauter Nachdenken manchmal etwas weniger gut strukturiert hier wiedergebe, was ich so tagtäglich am Telefon erlebe.
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