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Weniger ärgern - ganz einfach?
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Vorschläge für Themen mit einem außergewöhnlichen Nutz- und Mehrwert für die Leser der Zeitung erreichen mich (durchschnittlich) einmal am Tag. Die Leute haben eine Idee, was ich grundsätzlich immer für vollkommen in Ordnung halte, wie man die Welt ein bisschen gerechter machen und den Menschen die unnötigen Gründe für andauernden Ärger nehmen könnte. Das meine ich durchaus nicht ironisch, weil die Anrufer immer Recht haben, aber leider die Möglichkeiten meiner Kollegen, allein schon aus Zeitgründen und dem zur Verfügung stehenden Platz auf den einzelnen Seiten, vollkommen überschätzen und deshalb dann nicht gerade freundlich darauf reagieren, wenn ich ihnen genau das so erklären und sagen muss, dass daraus eher wohl nichts werden wird.
Beispielsweise konnte ich den Ärger dieses Lesers heute (auch als Radfahrer) gut nachvollziehen: "Jeden Morgen bei der Fahrt in die Stadt ärgere ich maßlos über diese dämlichen Ampelschaltungen an den Kreuzungen, die zur Folge haben, dass ich mindestens zehn Minuten später im Büro ankomme, als wenn es so etwas wie eine grüne Welle geben würde", erklärte er mir. Weil mir dieses Problem bekannt war und ich auch wusste, dass meine Kollegen in der Redaktion schon häufiger vor allem darüber geschrieben haben, dass es offenbar keine Lösung dafür gibt, weil der Verkehrsfluss eben eine höchst komplizierte und vor nicht berechenbare Angelegenheit ist, habe ich das dem Mann in der Leitung genau so erklärt und dies zur Antwort bekommen: "Das weiß ich doch, das ist doch gar nicht der Grund, warum ich angerufen habe." Sein eigentliches Anliegen fasse ich zusammen: "Freie Presse" schreibt über jeder große Kreuzung entlang der Hauptstraßen einen Artikel darüber, warum die Ampeln dort so geschaltet sind, wie sie es sind, und warum das nicht anders zu regeln geht. Am besten stellt sich ein Reporter einen Tag lang an die jeweilige Kreuzung und beobachtet die Reaktionen der Autofahrer, wenn sie mal wieder zwei bis drei Ampelphasen warten müssen, um über die Kreuzung fahren zu können. Zuerst habe ich gesagt: "Wenn wir daraus eine Serie machen und jeden Wochen einen Bericht in die Zeitung setzen, dürften wir so etwa zwei Jahre lange mit diesem Thema beschäftigt sein." Dann habe ich ihn gefragt: "Aber wozu soll das eigentlich gut sein, wenn man doch sowieso daran nichts ändern kann?" Das sei doch ganz einfach, meinte der Leser und erklärte mir: "Wenn die Leute das dann gelesen haben und es nachvollziehen können, werden sie sich möglicherweise nicht mehr so oft und vor allem so sehr darüber ärgern."
Anschließend habe ich mich für das Gespräch bedankt, ihm versichert, die Kollegen in der Redaktion darüber zu informieren und mich dann freundlich von ihm verabschiedet. Gedacht habe ich dies: Wenn das Leben tatsächlich so einfach wäre, dass man die Menschen beruhigen kann, indem man ihnen die Gründe für das eine oder andere Ärgernis erklärt, dann wäre das nicht mehr meine Welt, weil ich nicht möchte, dass die Leute sich nicht mehr darüber ärgern, wenn sie beispielsweise lesen würden, warum es sinnvoll ist, Panzer in Richtung Russland zu transportieren oder Rinder in riesigen Anlagen und ohne Auslauf zu halten, nur damit das Fleisch auch schön billig bleibt.
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