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Schade eigentlich: Die Einsicht kommt häufig (zu) spät

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Damit habe ich überhaupt kein Problem, das mache ich mittlerweile wirklich ausgesprochen gerne: Wenn mich Leser anrufen, die sich vorstellen und dies um den Zusatz "ich bin schon älter" ergänzen, will ich mir für dieses Gespräch etwas mehr Zeit nehmen und zuhören, so lange wie die Anrufer mit mir reden wollen. Es gibt aber auch Ausnahmen; trotzdem unterhaltsam und wohltuend in jeder Beziehung. Die Anruferin heute stellte sich vor, sagte "ich bin schon 87 und führe mit meinem Mann immer noch einen eigenen Haushalt" und sie wolle mit mir über die "Jugend von heute" reden. "Vor allem deshalb, weil ich mir die Berichte über das Pressefest genau durchgelesen und mir die Bilder genau angeschaut habe", fügte sie noch hinzu, lachte dann und sagte noch: "Selber hingehen und mitfeiern - das dann doch nicht mehr."

Bevor sie zu ihrem eigentlichen Thema kam, sagte die Anruferin noch: "Ich würde Ihnen am liebsten meine ganze Lebensgeschichte erzählen, damit sie verstehen, warum ich überhaupt anrufe." Leider weiß ich nicht mehr, wo ich gerade mit meinen Gedanken war oder was mich abgelenkt hat, aber meinem Mund entwich dieser Satz: "Tun sie sich keinen Zwang an." Und die Anruferin erzählte; angefangen bei der Geburt war sie nach etwa zehn Minuten am Ende ihrer Schulzeit angelangt, als ich sie dann doch unterbrach: "Liebe Frau (...), bitte entschuldigen Sie, aber weil ich weiß, dass auch andere Leser gerade versuchen, mich zu erreichen, denn das rote Licht am Telefon leuchtet ununterbrochen, würde ich gerne vorschlagen, dass wir unsere Unterhaltung unterbrechen und auf einen späteren Zeitpunkt verschieben". Und ihre Reaktion hat mich dann tatsächlich überrascht, denn die Frau fing an zu lachen: "Ich habe nur darauf gewartet, dass Sie so etwas sagen, aber ich freue mich, dass ich bis hierhin gekommen bin; immerhin."

Gesagt habe ich der 87-Jährigen noch, dass ich diese Art von Humor ganz besonders zu schätzen weiß. Worauf sie noch erwidert hat: "Wenn die Menschen doch nur viel mehr über sich selbst lachen könnten."

Schuldig bleiben möchte ich nicht den eigentlichen Grund ihres Anrufes: Die Leserin macht sich große Sorgen, ob die jungen Leute heutzutage auch mit genügend Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrem Körper und ihrer eigenen Zukunft durchs Leben gehen. Denn ihre eigene Lebensgeschichte habe gezeigt, dass man Fehler in jungen Jahren später dann bitter bereut. Etwa fünf Minuten lang hat sie mir auch noch Beispiele genannt (von Rauchen und Trinken über laute Musik und Körperbemalung reichte ihre Aufzählung). Widersprochen habe ich ihr nicht, ich bin sogar selbst ins Grübeln geraten, bis ich diesen Satz sagte: "Dazu könnte ich Ihnen meine eigene Lebensgeschichte erzählen, wohl wahr."

PS (ausnahmsweise, weil es drei Anfragen dazu gab): Die Pilgerin (siehe "Hören und Staunen: Haben Sie mal ein Bett für mich?") hat nicht bei mir übernachtet; wirklich nicht.

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