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Ganz schön gefährlich, so ein Déjà-vu

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Was ein Déjà-vu-Erlebnis ist, muss ich nicht erklären (obwohl ich mich gerade, gebe ich zu, im Netz wegen der Schreibweise schlaumachen musste), denn jeder wird dieses Gefühl kennen, das einen unweigerlich an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" denken lässt. Dieses psychologische Phänomen des falschen Wiedererkennens hat mich heute in eine Situation gebracht, wie sie mir bei meinen Unterhaltungen mit Lesern peinlicher nicht sein könnte. Das ist passiert, ich verschweige nichts, ich füge nichts hinzu:

"Ich habe eine Wohnung in Rio de Janeiro geerbt", teilte mir eine Leserin mit, nachdem sie sich mir vorgestellt und hinzugefügt hatte, dass sie eine Frage habe, aber nicht sicher sei, ob ich ihr überhaupt weiterhelfen kann. Und das Déjà-vu tat seine Wirkung: Mir fiel sofort in vollem Umfang das Gespräch wieder ein, das ich kürzlich geführt und über das ich hier unter der Überschrift "Wie schade: Millionen für den Papierkorb" berichtet hatte; damals ging es um das Erbe von 13,5 Millionen Dollar. Ohne überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden, weil in diesem Moment dieses Gefühl so tief und echt in mir seine Wirkung tat, dass ich damit auf dem Holzweg sein könnte, habe ich sofort angefangen, der Frau in der Leitung zu erklären, ohne Punkt und Komma in einem Zug: "Nie im Leben haben Sie tatsächlich eine Wohnung in Rio de Janeiro geerbt, denn das Schreiben, das sie gerade in der Hand halten und in dem Ihnen von dieser Erbschaft berichtet wird, stammt von jemanden, der nur ihr Geld will, weil Sie ganz bestimmt in Brasilien eine Rechtsanwältin anrufen sollen, damit diese mit Ihnen die weiteren Formalitäten wegen der Erbschaft bespricht, was in Wirklichkeit natürlich nicht stimmt, denn Sie landen unter dieser Nummer nur in einer Warteschleife, wobei Ihnen jede Minute teuer zu stehen kommt und Ihre nächste Telefonrechnung mit absoluter Sicherheit mit mehreren Euro belasten wird. Also lautet meine Warnung: Hände weg vom Telefon, schmeißen Sie den Brief in den Papierkorb."

Und dann hörte ich dies; ich zitiere nur und verzichte auf einen weiteren Kommentar, jedes Wort würde nur noch tiefer in meiner Wunde bohren:

"Ich weiß wirklich nicht, wovon sie da reden, junger Mann, ich habe rein gar nichts verstanden von dem, was Sie da gesagt haben. Aber ich erzähle Ihnen mal, worum es mir geht. Ich habe eine Wohnung in Rio de Janeiro geerbt. Das ist jetzt schon fast zehn Jahre her. Vor einigen Jahren, es war glaube ich 2009, war ich mit meiner Tochter in Brasilien, und wir haben uns die Wohnung angeschaut, denn sie steht leer und ist nicht vermietet, weil ich das nicht möchte, denn ich kann mich schließlich von hier aus um nichts kümmern, aber verkaufen wollte ich sie auch nicht. Nun wird eine Wohnung ja nicht besser, wenn Sie leer steht, und da macht man sich schon seine Gedanken, ob denn noch alles in Ordnung ist. Und ich kenne nun mal niemanden in Rio de Janeiro, weshalb mir heute Morgen beim Zeitunglesen eine Idee kam."

Den Rest des Gesprächs fasse ich zusammen: Die ältere Dame hatte heute im Chemnitzer Lokalteil den Bericht "Schirmherr Gauck kommt nicht zum Musikfest" gelesen und dabei erfahren, dass der Bundespräsident nicht im Mai an dem Musikfest, für das er die Schirmherrschaft übernommen hat, teilnehmen kann, weil er sich zu der Zeit auf einer Auslandsreise nach Südamerika befinde. Nun geht die Leserin davon aus, dass bei dieser Tour mit Sicherheit auch Brasilien und Rio de Janeiro auf dem Programm stehen. Nun könnte doch, meinte die Anruferin, wenn die Delegation ohnehin in der Stadt sei, ein Mitglied des Stabes des Bundespräsidentin kurz mal in die Wohnung fahren, um nach dem Rechten zu sehen. Weil sie aber nicht weiß, wie sie die Mitarbeiter von Joachim Gauck um diesen kleinen Gefallen bitten kann, wollte sie von mir die Telefonnummer des Bundespräsidialamtes erfahren. Für das Erfüllen dieser Bitte brauchte ich im Netz nur einen Versuch mit einem Wort in der Suchmaschine.

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